Erneute Kabinettsumbildung in Frankreich
Paris (dpa) - Ein Vierteljahr nach seiner letzten Regierungsumbildung hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sein Kabinett wieder neu formiert. Er begründete den Schritt am Sonntag mit den neuen Herausforderungen und absehbaren Konsequenzen der politischen Umwälzungen in Nordafrika.
Gerade auch mit Blick auf einen zu erwartenden Flüchtlingsansturm seien erfahrene Politiker in den Schlüsselressorts nötig. Sarkozy warb zugleich für Unterstützung des Umbruchs in Nordafrika, der eine historische Chance darstelle.
Die durch eine Affäre belastete Außenministerin Michèle Alliot-Marie, die erst rund 100 Tage im Amt war und kurz vor Sarkozys Fernsehansprache ihren Rücktritt einreichte, wurde erwartungsgemäß durch den bisherigen Verteidigungsminister Alain Juppé ersetzt. Dessen Nachfolger wird der bisherige Fraktionschef der Regierungspartei UMP im Senat, Gérard Longuet. Sarkozys bisheriger Generalsekretär Claude Guéant, wurde zum neuen Innenminister bestimmt.
Sarkozy reagierte - speziell vor dem Hintergrund des französischen G20-Vorsitzes - auf eine zunehmende Glaubwürdigkeitskrise Alliot-Maries in Nordafrika. Die 64-Jährige war zuletzt immer mehr unter Druck geraten, weil sie zu Beginn der Revolution in Tunesien dort Urlaub machte und sich von einem Geschäftsmann im Privatjet mitnehmen, der dem Clan des bald darauf gestürzten Diktators Zine el Abidine Ben Ali nahestand. Zudem bot sie der bedrängten tunesischen Führung damals Polizeihilfe an.
Die Karriere-Politikerin wurde so zur Belastung für Sarkozy. Der will während der französischen G20-Präsidentschaft vor allem auf außenpolitischem Parkett glänzen, um ein Jahr vor der nächsten Präsidentenwahl aus einem chronischen Popularitätstief zu kommen.
Frankreich hat durch seine Kolonialvergangenheit auch heute noch enge Beziehungen zu den nordafrikanischen Mittelmeerstaaten. Sarkozy sprach sich in dem Zusammenhang für eine Wiederbelebung der von ihm angestoßenen Mittelmeerunion aus, die bisher eine eher erfolglose Initiative war. Um die zu erwartenden Flüchtlingsströme zu bewältigen, seien europäische Antworten und nicht nationale Alleingänge nötig. Frankreich habe in diesem Sinne bereits Vorstöße unternommen.
Alliot-Marie erklärte in ihrem Rücktrittsschreiben, sie sehe sich und ihre Familie als Opfer einer Medienkampagne. Sie habe sich nichts zuschulden kommen lassen und ihre Aufgaben als Außenministerin tadellos wahrgenommen. Die Politikerin stand seit 2002 ununterbrochen an der Spitze diverser Ministerien und galt als überaus kompetent. Nach den Ressorts Verteidigung, Inneres und Justiz übernahm sie bei der letzten Regierungsumbildung Mitte November dann das Außenamt.