Eskalation an syrisch-israelischer Grenze

Istanbul/Wien (dpa) - Im syrischen Bürgerkrieg spitzt sich die Lage auf den Golanhöhen bedenklich zu. Österreich kündigte am Donnerstag nach heftigen Kämpfen zwischen Rebellen und Regierungstruppen den Abzug der österreichischen Blauhelm-Soldaten an.

Die Lage sei für die Friedenssicherer zu gefährlich, begründete die Regierung in Wien ihren Entschluss. Bei den Gefechten waren zuvor zwei Blauhelme leicht verletzt worden. Zwischen den USA und Russland gibt es derweil Streit über die geplante internationale Syrien-Friedenskonferenz.

Österreich stellt mit 380 Soldaten rund ein Drittel der Gesamttruppe der Vereinten Nationen auf dem Golan (Undof), die die Einhaltung der Waffenstillstandsvereinbarung Israels mit Syrien überwacht. Nun ist die Zukunft von Undof fraglich. In den vergangenen Monaten hatten bereits Japan und Kroatien ihre Soldaten abgezogen. Gegenwärtig stellen noch Indien und die Philippinen Truppen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bedauerte die Entscheidung Österreichs. Ban sorge sich um die möglichen Konsequenzen des Rückzugs, sowohl auf den Friedenseinsatz als auch auf die Stabilität in der Region, sagte UN-Sprecher Martin Nesirky am Donnerstag in New York. „Österreich war offensichtlich ein entscheidender Teil der Mission. Der Rückzug wird ihre Handlungsfähigkeit beeinträchtigen.“

Auch Israel reagierte mit Bedauern. „Wir wissen den langjährigen Beitrag Österreichs und seine Verpflichtung zum Schutz des Friedens in Nahost zu schätzen. Gleichzeitig bedauern wir diese Entscheidung und hoffen, dass sie nicht zu einer weiteren Eskalation in der Region führen wird“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem.

Österreichs Außenminister Michael Spindelegger habe Ban am Donnerstagmorgen informiert, sagte UN-Sprecher Nesirky. Über den zeitlichen Ablauf des Rückzugs und mögliche Ersatztruppen werde momentan noch gesprochen. Nach Informationen der Tageszeitung „Die Presse“ sollen die österreichischen Blauhelme in spätestens vier Wochen wieder daheim sein. Wien hatte bereits nach Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen Syrien Ende Mai mit einem Rückzug seiner Soldaten gedroht.

Syrische Aufständische und Soldaten des Regimes von Präsident Baschar al-Assad hatten am Donnerstag um den einzigen Grenzübergang auf dem Golan auf der syrischen Seite bei der Stadt Kunaitra gekämpft. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, die Regierungstruppen hätten die Aufständischen zurückgeschlagen.
Israel beschwerte sich offiziell bei der UN-Truppe über das Eindringen syrischer Panzer in die Sicherheitszone, wie der Nachrichtenagentur dpa aus militärischen Kreisen bestätigt wurde.

Israel hatte die Golanhöhen im Sechstagekrieg 1967 von Syrien erobert und später annektiert. Beide Länder befinden sich offiziell im Kriegszustand. Ein Jahr nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973 wurde die Einrichtung einer Pufferzone unter UN-Kontrolle vereinbart. Dort dürfen sich eigentlich nur UN-Beobachtertruppen aufhalten. Allerdings wird das sowohl von Rebellen als auch durch das Regime oft ignoriert. UN-Soldaten wurden von regierungsfeindlichen Milizen sogar entführt.

Auch bei den Vorbereitungen zur im Juli geplanten internationalen Friedenskonferenz gibt es neuen Ärger. Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf den USA in dem Zusammenhang eine „schwere Verdrehung der Tatsachen“ vor. „Die USA behaupten, dass das Ziel der Friedenskonferenz die Schaffung einer Übergangsregierung ist. Das ist nicht wahr“, sagte Lawrow bei einem Treffen mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) im russischen Ostseebad Pionerski. Russland bestehe auf einer Teilnahme des Iran an der geplanten Konferenz in Genf - trotz der Ablehnung aus Washington, betonte er.

Im Syrienkrieg sind seit März 2011 laut UN mindestens 80 000 Menschen getötet worden. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen verwies erneut auf die „humanitäre Katastrophe“ und forderte mehr internationale Hilfe für die Zivilbevölkerung. Die EU-Kommission kündigte zursätliche 400 Millionen Euro für Flüchtlinge an.

In einer Videobotschaft wandte sich Al-Kaida-Anführer Aiman al-Sawahiri an die Aufständischen in Syrien. In der von dschihadistischen Webseiten verbreiteten Aufnahme rief er die Rebellen zum gemeinsamen Kampf „unter dem Banner des Islams“ gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad, die USA und Israel und für ein „Kalifat“ auf.

Bis zu 200 radikale Islamisten aus dem russischen Konfliktgebiet Nordkaukasus kämpfen nach Erkenntnissen des Moskauer Inlandsgeheimdienstes FSB in Syrien auf der Seite der Rebellen. Es handele sich um Extremisten der Untergrundgruppe Imarat Kawkas, die unter der Flagge der Terrororganisation Al-Kaida operieren, teilte FSB-Chef Alexander Bortnikow der Agentur Interfax zufolge mit.