Gesetzesentwurf verabschiedet EU droht den USA wegen neuer Russland-Sanktionen

Washington/Brüssel (dpa) - Die EU-Kommission hat sich alarmiert über die geplante Verschärfung von Sanktionen gegen Russland durch den US-Kongress gezeigt und mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht.

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Auch aus der deutschen Wirtschaft kamen besorgte Töne über den Gesetzentwurf, den das Repräsentantenhaus in Washington zuvor verabschiedet hatte. Es wird befürchtet, dass die darin vorgesehenen Maßnahmen gegen russische Energieunternehmen Auswirkungen auf europäische Unternehmen haben könnte.

Der US-Kongress will mit dem Gesetz klare Kante gegenüber Russland zeigen. Die Abgeordneten setzen damit zugleich Präsident Donald Trump Grenzen in seiner Russland-Politik. In dem Entwurf wird sichergestellt, dass Trump die Strafmaßnahmen gegen Moskau nicht ohne Zustimmung des Kongresses aufheben kann. Demokraten, aber auch Republikaner sehen eine zu große Nähe Trumps zu Russland. Das Ergebnis vom Dienstag war ein deutliches überparteiliches Signal. 419 der Parlamentarier stimmten für den Entwurf, drei votierten dagegen.

Auch der Iran und Nordkorea sollen mit weiteren Sanktionen belegt werden. Nach dem Repräsentantenhaus muss noch die zweite Kammer des Kongresses, der Senat, über den Entwurf abstimmen. Dann muss Trump ihn unterzeichnen. Aus Moskau und Teheran kam Kritik.

Die Russland-Sanktionen richten sich gegen mehrere Wirtschaftszweige des Landes, darunter auch der sehr wichtige Energiesektor. Der Gesetzentwurf hat zum Ziel, dass die bestehenden Maßnahmen punktuell erweitert werden. Diese waren wegen der Rolle Russlands im Ukrainekonflikt sowie der mutmaßlichen Einmischung des Kremls in die US-Präsidentschaftswahl 2016 verhängt worden. Zudem wollen die Abgeordneten neue Sanktionen wegen Moskaus Vorgehen in Syrien erlassen. Beim Iran geht es um den Dauerstreit über das Raketenprogramm des Landes. Im Fall von Nordkorea zielen die Strafmaßnahmen auf die Schifffahrtindustrie des Landes ab.

Kritiker werfen dem US-Kongress vor, mit dem Vorgehen gegen russische Energieunternehmen wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Sie unterstellen den USA, damit Marktanteile für eigenes Flüssiggas sichern zu wollen. In dem Entwurf drücken die Abgeordneten etwa ihre Ablehnung der geplanten Gasleitung Nordstream 2 aus, die von Russland nach Deutschland führen soll. Auch sprechen sie sich dafür aus, den Export amerikanischer Energieressourcen zur Priorität zu machen.

Die EU-Kommission fürchtet, dass die Maßnahmen möglicherweise Konsequenzen für europäische Unternehmen haben, die an russischen Energieprojekten beteiligt sind. Der Entwurf sei zwar nachgebessert worden, könne aber immer noch solche Auswirkungen haben, erklärte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. „Das US-Gesetz könnte unbeabsichtigte einseitige Effekte mit Auswirkungen auf die Energiesicherheitsinteressen der EU haben“, fügte er hinzu. Deshalb habe die Kommission beschlossen, innerhalb von Tagen „adäquat“ zu reagieren, sollte den Bedenken nicht ausreichend Rechnung getragen werden. Wie Gegenmaßnahmen aussehen könnten, blieb offen.

Auch die Bundesregierung hatte die Pläne des Kongresses in den vergangenen Wochen kritisiert. Nun sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, zwar gebe es keinerlei Abstriche an den bisher erhobenen Kritikpunkten. Aber der jetzt verabschiedete Gesetzentwurf enthalte belegbare Fortschritte. Der Text habe sich deutlich verbessert. An vielen Stellen sei nun vermerkt, dass sich der US-Präsident vor Sanktionen mit den europäischen Partnern konsultieren müsse - auch in der wichtigen Frage russischer Energielieferungen nach Europa.

Dies sei das Ergebnis einer sehr erfolgreichen Überzeugungsarbeit der EU-Kommission und der Bundesregierung, erklärte der Sprecher weiter. Aber nach wie vor werde nicht akzeptiert, dass die USA unter dem Deckmantel von Sanktionen Industriepolitik zugunsten amerikanischer Energieversorger betreibe.

Aus der deutschen Wirtschaft kamen ähnliche Bedenken. Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Wolfgang Büchele, kritisierte, hinter den Maßnahmen stünden eigene US-Wirtschaftsinteressen. Dies müsse auf den entschiedenen Widerstand der EU treffen. Auswirkungen von US-Sanktionen auf europäische Firmen müssten ausgeschlossen werden. Die geplanten Strafmaßnahmen betreffen nach Angaben des Ost-Auschusses nicht nur den Bau neuer Pipelines. Es werde auch die Instandhaltung bestehender Leitungen erschwert. Für Europa bedeute dies höhere Energiepreise und wachsende Unsicherheit bei der Energieversorgung.

Nach dem Repräsentantenhaus muss nun der Senat abstimmen. Es wird erwartet, dass auch dort eine Zweidrittel-Mehrheit für das Gesetz zustande kommt. Damit könnte ein Veto überstimmt werden.

Es war befürchtet worden, dass Trump sich zu einem solchen Schritt entschließen könnte. Das Weiße Haus stört sich daran, dass der Präsident künftig das Parlament mit einbeziehen muss, wenn er Sanktionen gegen Russland aufheben will. Der Präsident muss in einem Bericht an den Kongress seine Gründe dafür darlegen. Die Abgeordneten haben dann 30 Tage Zeit zu entscheiden, ob sie dem zustimmen. Das Weiße Haus argumentierte, dass dies eine Beschneidung der Befugnisse des Präsidenten sei.

Ein Veto würde den Eindruck erwecken, dass Trump Russland zu große Zugeständnisse macht. Angesichts der Ermittlungen in der Russland-Affäre würde ein solcher Schritt auch den Kritikern des Präsidenten neue Nahrung geben.