EU-Politiker warnen Briten vor Folgen eines EU-Austritts
Straßburg (dpa) - Gut zwei Wochen vor der Entscheidung über Großbritanniens Zugehörigkeit zur Europäischen Union haben EU-Politiker die Briten vor den Folgen eines Austrittsvotums gewarnt.
Im Falle eines Sieges der EU-Gegner beim Referendum am 23. Juni werde es keine neuen Verhandlungen über einen Verbleib des Landes in der EU geben, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments, Elmar Brok (CDU), in Straßburg. Auch Gespräche über neue und bessere Beitrittsbedingungen seien unrealistisch.
„EU-Privilegien zum Nulltarif“ werde es nach einem Brexit nicht geben, sagte der Vorsitzende der Europa-SPD, Udo Bullmann. „Das würde die Europäische Union als Gemeinschaft der solidarisch Handelnden zerstören.“
Die Behauptung der britischen EU-Gegner, ein Austritt ermögliche einen besseren Schutz vor Einwanderern vom Kontinent, wies Brok zurück: „Die Briten müssen nur sehen, dass der Schutz, den sie durch uns haben, etwa durch die Franzosen in Calais, dann wegfallen würde.“ Die britische Lage in Sachen Migration verschlechterte sich also.
„Wir sind der Ansicht, dass das Einwanderungsproblem mit einem Brexit größer wird“, warnte auch der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Europaparlament und frühere belgische Regierungschef, Guy Verhofstadt. Ein Abkommen zwischen Frankreich, Großbritannien und Irland, mit dem die britischen Grenzkontrollen de facto auf französisches Territorium verlagert würden, sei mit einer Frist von zwei Jahren kündbar. „Ohne dieses Abkommen wird Großbritannien mit Abertausenden von Migranten konfrontiert sein.“
Vor allem aber habe ein britischer Austritt aus der EU geopolitische Folgen, die auch den Briten nicht gleichgültig sein könnten: „Es gibt drei Dinge, die die euro-atlantische Partnerschaft bedrohen: (Russlands Präsident Wladimir) Putin, (US-Präsidentschaftsbewerber Donald) Trump und ein Brexit“, sagte Verhofstadt.
„Die Brexit-Befürworter im Vereinigten Königreich, die so tun, als wäre ein Austritt ohne nachhaltige Wohlstandsverluste auf der Insel möglich, irren sich gewaltig“, sagte Bullmann der Deutschen Presse-Agentur. US-Präsident Barack Obama habe darauf hingewiesen, dass es keine schnellen transatlantischen Abkommen zwischen Washington und London geben werde.
Es sei „im beiderseitigen Interesse, aber noch mehr im britischen Interesse, dass wir zusammenbleiben“, sagte Brok. „Die Bereitschaft von unserer Seite ist da.“ Auch aus Sicht von Bullmann wäre ein Brexit sowohl für Großbritannien als auch für die Europäische Union ein herber Schlag. „Trotzdem können sich trotz des Verlustes auch Chancen daraus ergeben.“