Euro-Partner halten Griechen die Tür für neue Hilfen offen

Brüssel (dpa) - Letzte Chance für Griechenlands Premier Alexis Tsipras: Die Tür für Verhandlungen über weitere Hilfen bleibt offen, die Euro-Partner wollen Athen im gemeinsamen Währungsraum halten.

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Das berichteten EU-Diplomaten am Rande des Euro-Sondergipfels zur griechischen Schuldenkrise in Brüssel.

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Im Gespräch sei ein Überbrückungskredit, damit das Land nicht schon im Juli zusammenbreche, sowie ein drittes Hilfspaket. Ein Betrag sei bisher nicht bekannt. Das Spitzentreffen endete nach knapp vier Stunden.

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Tsipras hatte in der vergangenen Woche Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm ESM für zwei Jahre in Höhe von 29 Milliarden Euro beantragt. Ob diese Summe angesichts des Einbruchs der griechischen Wirtschaft ausreicht, ist jedoch offen. Einen von Athen verlangten erneuten Schuldenerlass lehnen die Euro-Staaten bislang mehrheitlich ab.

Die Staats- und Regierungschefs wollen zunächst konkrete Reform- und Sparzusagen aus Athen abwarten, berichteten EU-Diplomaten. Diese fehlen bisher, sollen aber am Mittwoch kommen. Sie gelten als Voraussetzung für Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm. Ein weiterer Krisengipfel an diesem Wochenende ist laut Diplomaten angedacht.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem erklärte, Athen wolle bis voraussichtlich Mittwoch einen neuen Antrag auf Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM stellen. Die Finanzminister könnten darüber in einer Telefonkonferenz beraten. Nur die Ressortchefs können den Startschuss geben, um das Verfahren für ESM-Hilfen zu starten. „Wir haben sehr wenig Zeit“, bilanzierte Dijsselbloem. „All das muss innerhalb von einigen Tagen gemacht werden.“ Das zweite und bislang letzte Hilfsprogramm ist Ende Juni ausgelaufen, nicht abgerufene Milliardenhilfen verfielen.

Nach Worten des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann ist eine Brückenfinanzierung denkbar, um akute Finanzlücken in der griechischen Staatskasse zu schließen. „Zuerst bräuchte man ein (Hilfs-)Programm. Dann kann man überlegen, ob - bis das Programm beschlossen ist - man eine Finanzierungsbrücke baut“, sagte Faymann.

Tsipras präsentierte in Brüssel dem Vernehmen nach Vorschläge, die auf Plänen der Geldgeber von Ende Juni aufbauen. Dazu gehören eine Renten- und Mehrwertsteuerreform sowie eine Luxussteuer. Beim Referendum am Sonntag hatten griechische Wähler das Angebot der Geldgeber mit deutlicher Mehrheit zurückgewiesen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte, dass Leistung und Gegenleistung zusammen gehörten: „Ohne Solidarität und ohne Reformen ist der Weg, den wir zu gehen haben, nicht möglich.“ Die Kanzlerin betonte auch, dass jetzt sehr schnell eine Lösung gefunden werden müsse. Es gehe „nicht mehr um Wochen (...), sondern um wenige Tage“.

Bei einem Euro-Finanzministertreffen unmittelbar vor dem Gipfel hatte der neue griechische Ressortchef Euklid Tsakalotos keine neuen Reformvorschläge vorgelegt. Die Finanzminister machten deutlich, dass ein Ausscheiden des überschuldeten Staates aus dem Euroraum kein Tabu mehr sei. Der für den Euro verantwortliche EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis sagte: „Falls Vertrauen nicht wieder aufgebaut wird, falls es kein glaubwürdiges Reformpaket gibt, kann das nicht ausgeschlossen werden.“

Der französische Staatspräsident François Hollande wandte sich gegen Szenarien, wonach das schwer angeschlagene Land die Eurozone verlassen müsse. Unmittelbar vor dem Gipfel waren Merkel, Hollande und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit Tsipras in einer Viererrunde zusammengekommen. Erst am Vorabend hatte Merkel in Paris mit Hollande über die Griechenland-Krise beraten.

Tsipras werde am Mittwoch zu einer Debatte im Europaparlament in Straßburg erwartet, kündigte Parlamentspräsident Martin Schulz auf Twitter an.

Auf die Frage, ob es einen Schuldenschnitt geben könne, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU): „Wer die europäischen Verträge kennt, weiß, dass ein Schuldenschnitt unter das Bailout-Verbot fällt.“ Das Bailout-Verbot bedeutet, dass Eurostaaten nicht für die Schulden anderer aufkommen dürfen.

Die Zeit drängt bei der Griechenland-Rettung: Die Banken sind seit gut einer Woche geschlossen, das Bargeld dürfte nur noch wenige Tage reichen. Am 20. Juli muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen, um fällige Staatsanleihen zu tilgen.