François Hollande — der Anti-Sarkozy
Der Sozialist wird im nächsten Jahr den französischen Präsidenten herausfordern. Er verspricht Vertrauen, Versöhnung und den Jugendlichen 300 000 neue Arbeitsstellen.
Paris. „François Président, François Président“. Hunderte überwiegend junge Sozialisten schwenken am Sonntagabend vor der traditionsreichen Parteizentrale in der Pariser Rue de Solferino begeistert ihre Fahnen — die der Partei und die Trikolore.
Als der Gewinner der Vorwahlen endlich in Siegerpose vor die jubelnde Menge tritt, schallt es ihm noch frenetischer entgegen: „François P-r-é-s-i-d-e-n-t!“.
François Hollande, der „Abgeordnete aus Corrèze“, hat bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 2012 tatsächlich beste Chancen, den unbeliebten Amtsinhaber Nicolas Sarkozy abzulösen. Sein Sieg in der Stichwahl ist deutlich ausgefallen.
57 Prozent der drei Millionen Linkswähler stimmten für den 57-Jährigen, 43 für Martine Aubry. Ein glänzender Auftakt für den sechsmonatigen Wahlkampf-Marathon.
Noch vor einem halben Jahr galt der Spitzenkandidat als Außenseiter. Der Hoffnungsträger der Sozialisten hieß Dominique Strauss-Kahn. Doch dann kam der 14. Mai, jener verhängnisvolle Tag, an dem DSK über eine Sex-Affäre stolperte — und alles verlor: seinen Job, sein Ansehen und seine Rolle als Herausforderer.
An diesem Sonntagabend erleben die Franzosen nun die wundersame Wiederauferstehung des Monsieur Hollande, der vor drei Jahren noch vor einem Trümmerhaufen stand. Elf Jahre hatte er an der Spitze der „Parti Socialiste“ (PS) gestanden, doch nach drei verlorenen Präsidentschaftswahlen steckte der Parteikarren tief im Dreck.
Hollande musste den PS-Vorsitz an Martine Aubry abgeben. Für ihn blieb nur Spott. Sie gaben ihm wegen seiner Leibesfülle den Spitznamen „Flanby“, so heißt in Frankreich ein beliebter Karamell-Wackelpudding.
Doch zunächst unbemerkt von der Öffentlichkeit verwandelt sich der anscheinend so Konturlose in einen Herausforderer mit Profil. Er speckt über zehn Kilo ab, verpasst sich eine neue Frisur und eine moderne Brille.
Es zeigt sich zudem, dass sich hinter dem vermeintlichen Wackelpudding in Wirklichkeit ein zielstrebiger und ausdauernder Mensch verbirgt. Und siehe da: Plötzlich begeistert er mit seiner Losung „Rassembler“ („sich sammeln“) die Wähler — nicht nur die im linken Lager, sondern auch die in der bürgerlichen Mitte.
Während der Staatschef immer wieder Gräben aufreißt und die Gesellschaft in Arm und Reich spaltet, predigt Hollande die „Versöhnung“. Auch mit seinen politischen Zielen trifft er den richtigen Ton. Er verspricht der Jugend 300 000 neue Jobs und dank 60 000 neu einzustellender Lehrer eine bessere Bildung.
Schon seit Jahren tourt François Hollande, der Bodenständige, bienenfleißig durchs Land, um an Stammtischen, auf Wochenmärkten und an den Werkbänken kleiner Betriebe für ein „solidarisches und solides Frankreich“ zu werben. Und natürlich für ihn, den „Président normal“.