Frankreich in Angst vor Serienkiller
Noch gibt es keine heiße Spur. Täter soll Morde gefilmt haben.
Paris. Der Schock von Toulouse sitzt tief. Auch am Tag nach dem Blutbad in der jüdischen Schule „Ozar Hatora“ herrschen in Frankreich Trauer und Wut, Ohnmacht und Angst.
Angst davor, dass der unheimliche Serienkiller ein viertes Mal zuschlägt und wieder das Leben wehrloser Menschen auslöscht. Obwohl die Fahndung nach dem Mörder — offenbar ein Einzeltäter — auf Hochdruck läuft, steht seine Identität immer noch nicht fest. Eine heiße Spur? Fehlanzeige.
Es ist Punkt elf Uhr an diesem Dienstagmorgen, als sich Millionen Schüler in Frankreich von ihren Stühlen erheben, um der Opfer von Toulouse zu gedenken. Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat sich im vierten Pariser Arrondissement in die Schule „François Couperin“ begeben, direkt neben dem „Mémorial de la Shoah“, der Holocaust-Gedenkstätte. „Alle Franzosen stehen an Eurer Seite und sagen Euch, dass sie die Barbarei ablehnen“, sagt Innenminister Claude Guéant.
Drei Anschläge in Toulouse und Montauban schreiben die Ermittler dem Mörder zu. Die schreckliche Bilanz: Sieben Tote in acht Tagen sowie mehrere Schwerverletzte. Die Opfer sind jüdische Kinder und Soldaten mit nordafrikanischen und karibischen Wurzeln. Eine Tatsache, die den Verdacht nährt, bei dem Täter könne es sich um einen fanatischen Rassisten handeln — die Ermittler gehen allerdings nicht von einem ausgeprägten neonazistischen Hintergrund aus.
Noch Montagabend hat die Pariser Regierung in der Region Midi-Pyrénées sowie benachbarten Départements die höchste Terroralarm-Warnstufe ausgelöst. Im ganzen Land ziehen bewaffnete Polizisten auf, um jüdische und muslimische Einrichtungen zu schützen. Auch die llein in Toulouse sind 1000 Polizisten im Einsatz. Die schwerbewaffnete Gendarmerie-Eingreiftruppe „Raid“ wurde nach Südfrankreich verlegt.
Nach Angaben des Innenministers sind aus der Bevölkerung tausende Hinweise eingegangen. Eine heiße Spur verfolgen die 300 Ermittler allerdings noch nicht. Fest steht, dass der Serienmörder bei allen Anschlägen aus einer Pistole des seltenen Kalibers 11.43 schoss, einen Helm trug und mit einem offenbar gestohlenen Motorroller unterwegs war.
Zeugen berichten, dass es sich bei dem Attentäter um einen „athletischen, mittelgroßen Mann“ handele, der „zielstrebig und kaltblütig“ vorgehe und perfekt mit der Waffe umgehe. Bilder der Überwachungskamera am Schuleingang belegen dies.
Unterdessen wurde ein weiteres, makaberes Detail bekannt: Der Täter habe das Blutbad in Toulouse mit einer gefilmt. Wird er den Videoclip gar ins Internet stellen? Die Fahnder suchen fieberhaft im Netz nach Spuren, bislang allerdings vergeblich.
Dem „Figaro“ zufolge sind Minikameras sehr beliebt bei Fallschirmjägern, die damit ihre Absprünge filmen. In Toulouse und Montauban hat der Killer drei Fallschirmjäger des 1. und 17. Regiments getötet.