Friedensnobelpreis für Kinderrechtler Satyarthi und Malala
Oslo (dpa) - Die erst 17 Jahre alte pakistanische Vorkämpferin für Kinderrechte, Malala Yousafzai, erhält den Friedensnobelpreis 2014. Die junge Frau teilt sich die Auszeichnung mit dem 60-jährigen Inder Kailash Satyarthi, der seit Jahrzehnten gegen Kinderarbeit kämpft.
Der Chef des norwegischen Nobelkomitees, Thorbjørn Jagland, sagte am Freitag, beide würden für ihren Kampf gegen die Unterdrückung von Kindern und für das Recht aller Kinder auf Bildung geehrt.
Malala ist die jüngste Nobelpreisträgerin überhaupt seit der ersten Vergabe 1901. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte: „Mit Mut und Entschlossenheit wurde Malala zu dem, was Terroristen am meisten fürchten: Ein Mädchen mit einem Buch.“ Bei einer Ansprache in Birmingham erklärte Malala, Kinder in aller Welt müssten für ihre Rechte aufstehen. Mädchen müssten genauso wie Jungen weltweit Anerkennung finden. Weiter sagte sie: „Ich danke meinem Vater, dass er meine Flügel nicht gestutzt hat, dass er mich hat fliegen lassen.“
Malala streitet besonders für bessere Bildungschancen für Mädchen. Weltbekannt ist sie, seit ihr die Taliban vor zwei Jahren bei einem Anschlag ins Gesicht schossen. Die kluge, selbstsicher auftretende Schülerin lebt heute in Großbritannien. Ihr Ziel ist es, trotz aller Bedrohungen nach Pakistan zurückzukehren und Politikerin zu werden. Ihr Vorbild ist die 2007 ermordete Ministerpräsidentin Benazir Bhutto. „Ich möchte Politikerin werden, eine gute Politikerin“, sagte Malala am Freitag.
Satyarthi ist der erste Inder, der den Friedensnobelpreis erhält. Er widmete ihn den Kinderarbeitern, für deren Rechte er seit Jahrzehnten kämpft. „Mit diesem Preis finden die Stimmen von Millionen von Kindern Gehör“, sagte er lokalen Medien. Satyarthi ist Gründer der Organisation Bachpan Bachao Andolan (Bewegung zur Rettung der Kindheit) und rettete Tausende aus Sklaverei und Schuldknechtschaft.
Allein in seiner Heimat Indien schuften offiziellen Daten zufolge 12,6 Millionen Kinder - sie müssen Müll sammeln, Steine schlagen, Obst an Marktständen verkaufen oder Tee servieren. Satyarthi wurde nach eigenen Angaben mehrfach wegen seiner Arbeit brutal körperlich angegriffen.
Satyarthi lud seine Mit-Preisträgerin Malala zur Zusammenarbeit ein. „Ich lade sie dazu ein, dass wir uns die Hände reichen und einen neuen Kampf für Frieden auf unserem Subkontinent beginnen“, sagte er dem Nachrichtensender NDTV. Indien und Pakistan sind Erzfeinde.
Das Nobelkomitee erklärte, der Inder stehe mit seinen friedlichen Protesten in der Tradition Ghandis. Kinder sollten zur Schule gehen und nicht ausgebeutet werden. Malala sei durch ihren „heldenhaften Kampf“ zu einem Sprachrohr für das Recht von Mädchen auf Bildung geworden.
Das Nobelkomitee nannte es wichtig, „dass ein Hindu und eine Muslimin, ein Inder und eine Pakistani den Kampf für Bildung und gegen Extremismus gemeinsam aufnehmen“. Zwischen den Atommächten Indien und Pakistan sind in den vergangenen Tagen an der Grenze Gefechte mit mehreren Toten ausgebrochen. Es ist einer der schlimmsten Gewaltausbrüche seit mehr als zehn Jahren.
Die Auszeichnung ist mit acht Millionen schwedischen Kronen (rund 874 000 Euro) dotiert. Das Geld teilen sich beide Preisträger. Im vergangenen Jahr war die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) geehrt worden.
Der Friedensnobelpreis wird als einziger der prestigeträchtigen Preise nicht in Stockholm, sondern von einer Jury in Oslo vergeben. Dort wird er am 10. Dezember, dem Todestag des Dynamit-Erfinders und Preisstifters Alfred Nobel, auch überreicht.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Unicef, erklärte, die Auszeichnungen 2014 seien Inspiration für Millionen von Kindern, „die jeden Tag in aller Welt namenlos, unbekannt und leise kämpfen für das Recht auf Bildung, für das Recht angehört und beschützt zu werden“. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte: „Das ist ein guter Tag für die Kinder der Welt.“
Vor der Verkündung hatten Friedensforscher und Medien unter anderem über eine Auszeichnung für den umstrittenen US-Whistleblower Edward Snowden spekuliert. Er hatte im September den Alternativen Nobelpreis bekommen.
Die deutsche Friedensbewegung nannte die Vergabe an die beiden Kinderrechtler „mut- und ideenlos“, weil es sich nicht um Vorkämpfer für den Frieden handele.