Gaddafi-Regime sucht nach diplomatischem Ausweg
Athen/Al-Brega (dpa) - Das Regime von Machthaber Muammar al-Gaddafi lotet Wege für eine diplomatische Lösung des blutigen Konflikts in Libyen aus.
Dies ließ der griechische Außenminister Dimitris Droutsas am Montag durchblicken. Am Abend zuvor hatte sich der libysche Vize-Außenminister Abdul Latif al-Obeidi in Athen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou getroffen. Derweil gingen in Libyen die Kämpfe im Raum Al-Brega weiter.
„Aus dem, was uns der Gesandte Libyens gesagt hat, geht hervor, dass das Regime auf der Suche nach einer Lösung zu sein scheint“, erklärte Droutsas. Spekulationen über ein Ausstiegsszenario nährte auch ein Bericht der „New York Times“ in der Nacht zum Montag. Diesem zufolge soll der Sohn des Diktators, Seif al-Islam, einen Lösungsvorschlag für den Konflikt mit den Rebellen unterbreitet haben, der auch den Rückzug seines Vaters vorsieht. Der Vorschlag sei aber bei Regierung und Rebellen nicht auf offene Ohren gestoßen.
Die von den Gaddafis möglicherweise erwogene Vorstellung, den Senior abtreten und die Macht an den Junior übergeben zu lassen, hätte weder international noch bei den Aufständischen die geringste Aussicht auf Akzeptanz. Gaddafi müsse mit seinen Söhnen Libyen verlassen, sagte der italienische Außenminister Franco Frattini am Montag. Rom werde außerdem die Übergangsregierung der Gaddafi-Gegner in Bengasi anerkennen. Damit ist Italien nach Frankreich und dem Golfemirat Katar das dritte Land, das diesen Schritt unternimmt.
„Wir haben beschlossen, den Übergangsrat der libyschen Regimegegner auf bilateraler Ebene als einzig legitimen Gesprächspartner in Libyen anzuerkennen“, sagte Frattini in Rom. Selbst Waffenlieferungen an die Aufständischen seien nicht ausgeschlossen, wenn auch nur „als letzte Lösung“.
In Libyen gingen die Gefechte um die Ölstadt Al-Brega weiter. Zivilisten, die am Montag aus der Stadt in Richtung Osten flohen, berichteten einem Korrespondenten der Nachrichtenagentur dpa in der Region von schweren Kämpfen in der Nacht und von einem Mangel an Lebensmitteln. Auch am Vormittag war in dem Gebiet noch Gefechtslärm zu hören. Ein Kämpfer der Rebellen an einer Straßensperre östlich von Al-Brega sagte, Gaddafi-loyale Truppen kontrollierten derzeit den Westen der Stadt, im Osten stünden die Rebellen. Die Gaddafi-Truppen seien viel besser ausgerüstet: „Der Unterschied zwischen dem, was sie haben, und dem, was wir haben, ist einfach zu groß.“
Die Nato gab am Montag bekannt, die internationalen Truppen unter ihrem Kommando hätten am Sonntag 58 Kampfeinsätze gegen Ziele in Libyen geflogen. Das waren etwas weniger als an den Vortagen, als es jeweils etwa 70 solcher Einsätze gab. Seit der Übernahme sämtlicher Militäroperationen in Libyen vom 31. März wurden insgesamt 276 Kampfeinsätze geflogen, teilte das Nato-Hauptquartier in Brüssel mit.
Die Türkei brachte mit einer Fähre rund 300 Schwerverletzte aus der von Gaddafi-Truppen belagerten Stadt Misurata und aus der Rebellenhochburg Bengasi zur Behandlung ins Ausland. Türkische Regierungsbeamte und Helfer des Roten Halbmondes holten die Opfer der Kämpfe am Sonntagabend mit der Seefähre „Ankara“ ab. Die Organisation Ärzte ohne Grenze brachte nach eigenen Angaben 71 Patienten aus den überlasteten Krankenhäusern von Misurata per Schiff nach Tunesien.
Die Regimegegner in Bengasi versuchen nun, den Export des Erdöls wieder anzukurbeln, das in dem von ihnen kontrollierten Osten Libyens lagert. Ihre Experten hoffen, in den kommenden Tagen wieder Öl verschiffen zu können, berichtete ein dpa-Korrespondent aus dem Verladehafen Al-Suweitina nahe Adschdabija. Konten für die Abwicklung der Geschäfte seien eingerichtet. Als Vermarkter habe sich Katar zur Verfügung gestellt, erklärte ein Sprecher der Übergangsregierung.