Geiseldrama in der algerischen Wüste
Blutbad bei Befreiungsaktion des Militärs. Islamisten halten möglicherweise noch Arbeiter fest und drohen sie zu töten.
Algier. Blutbad in der Wüste: Bei einem Luftangriff der algerischen Armee auf islamistische Terroristen, die Dutzende westliche und algerische Geiseln festhielten, soll es viele Tote gegeben haben. Unbestätigten Berichten zufolge kamen möglicherweise 35 Geiseln und 15 Kidnapper ums Leben. Vier ausländische Geiseln seien befreit worden, meldete die algerische Presseagentur APS, anderen sei die Flucht gelungen. Die Umstände der Befreiung waren aber am Donnerstagabend völlig unklar.
Ungewiss blieb auch, ob einige Terroristen mit Geiseln fliehen konnten. Laut der mauretanischen Presseagentur ANI sollten noch sieben westliche Geiseln in der Gewalt der Islamisten sein. Ursprünglich sollen sich mehr als 40 westliche Arbeiter in der Hand der Terroristen befunden haben. Darunter Franzosen, Amerikaner, Briten, Norweger, Japaner und ein Österreicher.
Die algerische Armee hatte offenbar den Komplex auf dem Gasfeld mit Hubschraubern angegriffen. Zeugen berichteten, es habe Explosionen gegeben, Feuer sei ausgebrochen. Möglicherweise, so hieß es, habe die Armee das Feuer eröffnet, als die Geiselnehmer mit ihren Gefangenen in die Wüste fliehen wollten.
Die Regierungen in Paris, London und Washington waren offenbar nicht über den Militärangriff informiert worden. Von den algerischen Sicherheitsbehörden hieß es, man habe „sofort“ handeln müssen. Nach dem Luftangriff stürmten Bodentruppen das Gelände.
Das Terrorkommando hatte am Mittwochmorgen die Gasförderanlage Tinguentourine, etwa 40 Kilometer von dem Wüstenort „In Amenas“ entfernt, überfallen und die Arbeiter als Geiseln genommen. Einigen der Gefangenen seien Sprengstoffpakete umgebunden worden, hieß es. Die Terroristen drohten, die Anlage in die Luft zu jagen, wenn sich das Militär nähern sollte. Bei dem Überfall hatte es mindestens zwei Tote gegeben, darunter ein Brite. Das Gasfeld wird von der algerischen Gesellschaft Sonatrach gemeinsam mit der britischen BP und der norwegische Statoil betrieben.
Die islamistischen Fanatiker gehören zu einer Gruppe, die dem nordafrikanischen Terror-arm „Al Kaida im islamischen Maghreb“ zugeordnet wird. Sie forderten, dass die von Frankreich angeführte Militäroperation in Mali gegen islamistische Rebellen gestoppt werde. Algeriens Regierung, die französischen Kampfjets eine Überflugerlaubnis für den Mali-Einsatz erteilt hatte, hatte jegliche Verhandlungen mit den Terroristen abgelehnt und das Gasfeld umstellt.
Der Anführer der Terroristen soll Mokhtar Belmokhtar sein, der seit 20 Jahren sein Unwesen in der algerischen und malischen Wüste treibt. Auf sein Konto sollen viele Entführungen von Ausländern in der Sahara gehen. Er wird auch „Der Einäugige“ oder „Mister Marlboro“ genannt, weil er nur noch ein Auge hat und mit seiner Gruppe vom Zigarettenschmuggel lebt.