„Gelbwesten“ Wer und was hinter der französischen Protestbewegung steht

Paris · Die „Gelbwesten“ machen in Frankreich seit Wochen mit brennenden Barrikaden und anderen Straßenblockaden auf sich aufmerksam. Drei Viertel der Bürger unterstützen die Protestbewegung. Doch wer oder was steckt dahinter?

Die „Gelbwesten“ blockieren den Verkehr auf einer Autobahn in Villefranche Sur Saone.

Foto: dpa/Laurent Cipriani

In der Gegend rund um den Prachtboulevard lieferten sich an diesem Wochenende wieder einmal Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei. Ganze Straßenzüge wurden verwüstet. Mehrere Dutzend Menschen wurden verletzt. Was steckt hinter der Bewegung, die langsam auch in andere europäische Länder überschwappt?

Wer sind die „Gelbwesten“?

Eine Protestbewegung, die sich alleine über soziale Netzwerke organisiert. Neu ist, dass sie auch abseits der großen Städte aktiv ist und weder durch Gewerkschaften noch politische Parteien gesteuert wird. Videos oder Aufrufe von Aktivisten werden in der Regel auf Facebook und Twitter zehntausende Male geteilt.

Die „Gelben Westen“ haben am ersten Protestwochenende vor knapp zwei Wochen laut Innenministerium fast 300.000 Menschen mobilisiert. Am vergangenen Wochenende beteiligten sich landesweit rund 100.000 Menschen, in Paris kam es zu Ausschreitungen. Bis Samstagnachmittag gingen dieses Wochenende nach Behördenangaben rund 75.000 Menschen im ganzen Land auf die Straßen, wie mehrere Medien berichteten. Demnach wurden mehr als 200 Menschen festgenommen. Mehr als 100 Menschen wurden allein in Paris verletzt - darunter mehrere Sicherheitskräfte. In der Hauptstadt waren nach Zahlen vom Mittag etwa 5500 Demonstranten unterwegs.

Ähnlich viele Menschen konnte 2016 die soziale Bewegung „Nuit debout“ (“Die Nacht über wach“) mobilisieren, die in Paris und anderen Städten gegen die Arbeitsrechtsreform demonstrierte.

Welche Forderungen stellt die Bewegung?

Die „Gelbwesten“ haben diese Woche erstmals einen gemeinsamen Forderungskatalog präsentiert. Er umfasst unter anderem die Senkung „aller Steuern“, die Anhebung von Mindestlohn und Renten sowie die Einrichtung einer „Bürgerversammlung“, die über die gesunkene Kaufkraft, soziale Not und den ökologischen Wandel diskutieren soll.

Entzündet hatten sich die Proteste Mitte November an der Ökosteuer auf Diesel, die zum 1. Januar kommt, und an den hohen Kraftstoffpreisen. Angetrieben werden die Proteste durch den Unmut über Präsident Macron. Bei Demonstrationen wird regelmäßig „Macron démission“ (Macron Rücktritt) skandiert - das erinnert an die „Merkel muss weg“-Rufe bei Pegida-Demonstrationen.

Krawalle bei „Gelbwesten“-Protest in Paris - Bilder der Verwüstung
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Krawalle bei „Gelbwesten“-Protest in Paris - Bilder der Verwüstung

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Foto: dpa/Thibault Camus

Hat die Bewegung Anführer?

Nicht im klassischen Sinn. Die Aktivisten stehen für ein breites gesellschaftliches Spektrum: Von der 51 Jahre alten Dieselfahrerin und Akkordeonspielerin Jacline Mouraud aus der Bretagne über den 45 Jahre alten Immobilienmakler Fabrice Schlegel aus dem ostfranzösischen Jura bis zum 33 Jahre alten Lastwagenfahrer und Familienvater Eric Drouet aus dem Pariser Großraum.

Letzterer gehört zu einem Sprecherrat von acht Aktivisten, den die „Gelben Westen“ ernannt haben und der mit der Regierung verhandelt - Drouet und eine Mitstreiterin wurden am Dienstag im Umweltministerium empfangen, für Freitag plant auch Premierminister Edouard Philippe ein Treffen mit einer Delegation.

Ist die Regierung zum Einlenken bereit?

Aus Sicht der „Gelbwesten“ bisher nicht. Ein Sprecher sagte, Präsident Macron habe mit seinen Ankündigungen „überhaupt nicht überzeugt“. Deshalb gehen die Proteste weiter.

Macron hat zugesagt, die Ökosteuer auf Diesel an die Kraftstoffpreise anzupassen, um übermäßige Belastungen abzufedern. Zudem will er die Aktivisten an Regionalkonferenzen beteiligen.

(red/afp)