Gewalt an Israels Nordgrenzen hat Nachspiel
Tel Aviv/Beirut/Berlin (dpa) - Die Massenproteste an den israelischen Nordgrenzen mit vielen Toten und Verletzten haben ein Nachspiel: Sowohl Israel als auch der Libanon reichen beim UN-Sicherheitsrat Beschwerde ein.
Zugleich räumte die israelische Armee nach den blutigen Vorfällen vom Sonntag Fehler ein. Die Lage an den Grenzen zu Syrien und Libanon hatte sich am Montag wieder beruhigt. Dagegen verlängerte Israel die Abriegelung des Westjordanlandes um einen Tag.
Auch in der Nacht zum Montag gingen die Proteste teils weiter. Bei Krawallen vor der israelischen Botschaft in Kairo wurden 350 Menschen verletzt. Zu den Ausschreitungen kam es, als eine Gruppe von Demonstranten nach einer Palästinenser-Solidaritätskundgebung das Gebäude stürmen wollte und die Polizei die Menge mit Tränengas und Gummigeschossen zurückdrängte. Zunächst hatten tausende Ägypter friedlich vor der israelischen Botschaft demonstriert.
Erstmals seit dem Oktoberkrieg von 1973 war es am Sonntag Hunderten von Demonstranten gelungen, von Syrien aus die Grenze auf den besetzten Golanhöhen zu durchbrechen. Die syrische Nachrichtenagentur Sana meldete am Montag, vier Menschen seien getötet worden. Augenzeugen auf der syrischen Seite sprachen sogar von zehn getöteten Demonstranten. 210 Menschen wurden laut Sana verletzt.
An der Grenze zum Libanon wurden nach Informationen der Nachrichtenwebsite „Libanon Now“ elf Palästinenser getötet. Die libanesische Armee sprach von mehr als 100 Verletzten.
Bei einem Marsch tausender Palästinenser im Gazastreifen zum israelischen Grenzübergang Eres wurden ein Palästinenser getötet und mehr als 80 weitere verletzt. Auch bei Krawallen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem gab es Verletzte.
Die Bundesregierung äußerte sich besorgt über die Ereignisse an den Grenzen Israels zu Syrien und dem Libanon und rief Israelis sowie Palästinenser „zur Zurückhaltung und großer Besonnenheit“ auf. „Es ist wichtig, dass die Gewalt aufhört“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin.
Die israelische Armeeführung hat inzwischen Fehler eingestanden. Generalstabschef Benny Ganz habe die Vorfälle an der Grenze zwischen Syrien und den von Israel besetzten Golanhöhen als „nicht gut“ eingestuft, berichtete der israelische Rundfunk. Ganz habe die zuständigen Truppen angewiesen, eine Untersuchung des Vorgehens am Nakba-Tag einzuleiten. Die Palästinenser erinnern am Tag der Nakba (Katastrophe) an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender nach der israelischen Staatsgründung von 1948.
Israel kündigte am Montag an, sich wegen der Massenproteste an der Grenze beim Weltsicherheitsrat über Syrien und den Libanon zu beschweren. Israel hält beiden Ländern vor, sowohl internationales Recht als auch Resolutionen des UN-Sicherheitsrates verletzt zu haben. Zuvor reichte der Libanon bereits Beschwerde ein, weil Israel nach eigener Darstellung die Souveränität des Landes und UN-Resolutionen verletzt hatte.
Dafür zeichnete sich in den belasteten Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern eine gewisse Entspannung ab. Nach großem internationalem Druck wird Israel jetzt doch rund 370 Millionen Schekel (75 Millionen Euro) an die Autonomiebehörde weiterleiten. Das Finanzministerium hatte die Steuern und Zölle einbehalten, nachdem sich die beiden größten Palästinenserorganisationen, die Fatah von Präsident Abbas und die radikal-islamische Hamas, versöhnt hatten. Das Geld werde in den kommenden Tagen überwiesen, sagte Finanzminister Juval Steinitz. Die Autonomiebehörde habe versichert, dass die Hamas keinen Nutzen aus dem Geldtransfer ziehen werde.