Politischer Justiz-Akt

Die jetzt vom Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes beantragten Haftbefehle gegen den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi, dessen Sohn Saif al-Islam und Geheimdienstchef Abdullah Senussi sind — zunächst einmal — nichts anderes als ein rein politischer Justiz-Akt.

Denn auch dann, wenn die Richter des Weltstrafgerichts IStGH den Anträgen stattgeben, ist längst nicht klar, dass die Haftbefehle tatsächlich umgesetzt werden.

Das zeigt das Beispiel des sudanesischen Staatschefs Omar al Baschir, der seit 2008 vom IStGH per internationalem Haftbefehl gesucht wird: al-Baschir reist immer noch munter durch die (Nachbar-)Lande. Denn viele afrikanische und arabische Länder erkennen das Weltstrafgericht nicht an. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund gibt sich die libysche Führung betont gelassen, schmäht den IStGH als „Baby der EU“ und erklärt, die möglichen Haftbefehle zu ignorieren.

Dennoch ist der Haager Justiz-Akt ein richtiger und vor allem wichtiger Schritt — in mehrfacher Hinsicht: Er erhöht den Druck auf den Diktator, er macht die Verbrechen Gaddafis und seines Clans gleichsam weltöffentlich — und er unterstreicht den grundsätzlichen Willen der internationalen Staatengemeinschaft, Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht zu tolerieren.