Griechischer Grenzzaun soll kürzer werden
Athen/Brüssel (dpa) - Nach internationaler Kritik hat Griechenland seine Pläne zum Bau eines Zauns gegen illegale Einwanderer an der Grenze zur Türkei relativiert.
Athen plane vorerst nur eine 12,5 Kilometer lange und 3 Meter hohe Sperre entlang der „Schwachstelle“ des Grenzflusses Evros bei der Kleinstadt Orestiada, verlautete am Montag aus dem Ministerium für Bürgerschutz. Zugleich wies Bürgerschutzminister Christos Papoutsis Kritik an der Asylpolitik seines Landes als „heuchlerisch“ zurück.
Am Samstag hatte Papoutsis noch den Bau einer insgesamt 206 Kilometer langen Barriere zur Türkei angekündigt, um den endlosen Strom illegaler Migranten zu stoppen. Als Vorbild nannte er den Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko.
Die Pläne stießen bei der EU auf Vorbehalte. „Zäune können nur eine kurzfristige Lösung sein, sie lösen aber nicht das Problem“, sagte der Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Die EU-Kommission erwarte von Griechenland, dass es langfristige Lösungen bei Einwanderung und Grenzschutz finde und sein Asylsystem grundlegend reformiere. Der Sprecher sagte aber auch, dass der Grenzschutz im Prinzip Sache der Mitgliedsstaaten sei.
Papoutsis wies Kritik an der griechischen Asylpolitik zurück. „Es ist heuchlerisch, dass einige, die bislang Griechenland vorwarfen, seine Verpflichtungen gegenüber dem Schengen-Raum nicht zu erfüllen, das Land jetzt kritisieren, weil es den Schutz seiner Grenzen stärken will“, teilte der Minister mit.
Offenbar wollten manche, „dass Griechenland das Aufenthaltsland für unzählige Migranten wird, die in andere EU-Länder gelangen wollen“, so Papoutis weiter. Die griechische Gesellschaft könne diese Last nicht tragen. Allein 2010 seien 128 000 Migranten nach Griechenland gekommen. In den vergangenen vier Jahren seien es insgesamt 512 000 gewesen.
Seit Monaten kämpft Athen gegen einen Strom illegaler Einwanderer. Die Landesgrenze zwischen Griechenland und der Türkei ist für Flüchtlinge etwa aus Afghanistan, dem Irak und Afrika zum Haupteingangstor in die EU geworden. Vor zwei Monaten hatte Griechenland unter dem Druck der Migrationswelle als erstes Land die Hilfe der EU-Grenzagentur Frontex angefordert. Seit November arbeiten dort zusammen mit den Griechen 200 Frontex-Beamte.
Brüssel unterstützt Athen bei der Bewältigung des massiven Flüchtlingsstroms mit rund 9,8 Millionen Euro Notfallhilfe. Die EU- Kommission hält die Lage am Evros für alarmierend: Mehr als 80 Prozent der illegalen Einwanderer in die EU reisen inzwischen über Griechenland ein. Das Land ist nach Brüsseler Einschätzung mit dem Ansturm hoffnungslos überfordert. In den Städten betteln Tausende illegaler Migranten auf den Straßen.
In der Nacht zum Montag wurden in der Nähe der westgriechischen Hafenstädte Patras und Igoumenitsa Dutzende Migranten beim Versuch festgenommen, auf eine der Fähren nach Italien zu kommen. Sechs Migranten entdeckte die Küstenwache in einem Boot auf dem Weg von der Insel Korfu nach Italien, wie das Staatsradio berichtete.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) kritisierte den geplanten Grenzzaun als Verstoß gegen EU- Menschenrechtsprinzipien. Die Europäische Union schotte sich als Insel der Reichen ab gegen Menschen, die vor Verfolgung oder krasser Armut fliehen, sagte der AI-Experte Wolfgang Grenz der „Frankfurter Rundschau“: „Europa stellt sich hier selbst ein Armutszeugnis aus.“