Großbritannien sagt „No“
Die Briten wollen den USA keine Stützpunkte für mögliche Angriffe auf den Iran zur Verfügung stellen.
London. Neue Töne zwischen alten Kriegsverbündeten: Großbritannien will den USA bei einem möglichen Präventivschlag gegen den Iran nicht mehr seine Militärstützpunkte zur Verfügung stellen. Entsprechende Anfragen hätten Minister der konservativ-liberalen Regierungskoalition zurückgewiesen, berichtet die britische Tageszeitung „The Guardian“.
„Überrascht“ wollen US-Diplomaten auf das „No“ der Briten reagiert haben, brüskiert wäre aber das treffendere Wort an dieser Stelle. Nach dem eng koordinierten, gemeinsamen Einmarsch in den Irak unter Premier Tony Blair 2003 sind britische Minister zögerlicher geworden. Ihre militärische Infrastruktur wollen sie bei einer möglichen US-Truppenverlegung an den Golf nicht an den Bündnispartner freigeben.
Israels Premier Benjamin Netanjahu hatte jüngst davor gewarnt, dass der Iran im Sommer 2013 so weit sei, funktionstüchtige Atomwaffen zu fertigen. Er drohte für diesen Fall mit einem Militärschlag gegen Atomanlagen im Iran. Es gilt als sicher, dass die USA einen solchen Angriff unterstützen würden.
US-Kampfeinheiten könnten laut Medienbericht über britische Militärflugplätze auf Zypern, auf den britischen Inseln, im Atlantik und den Überseegebieten im Indischen Ozean in Position gebracht werden. Doch Diplomaten haben dem Hilfeersuchen offenbar einen Korb gegeben.
„Das Königreich würde internationales Völkerrecht brechen, wenn wir einen Präventivschlag auch nur ermöglichen“, lautet die britische Position zur Anfrage der Verbündeten.
Bisher haben US-Diplomaten lediglich die generelle Haltung des Königreiches in diesen Fragen ausgelotet; eine offizielle Anfrage soll im Moment nicht anstehen. Nach der US-Präsidentschaftswahl am 6. November sollen zum strittigen Atomwaffenprogramm des Irans erst einmal bilaterale Gespräche zwischen Washington und Teheran stattfinden. Die britische Regierung setzt darauf, dass flankierende Wirtschaftssanktionen gegen den Iran die nötigen Erfolge zeigen.
Allen diplomatischen Vorbehalten zum Trotz hat sich eine Delegation britischer Marine-Offiziere indes in Florida über Notfallpläne mit US-Kollegen ausgetauscht.
Hilfe bei einem Präventivangriff auf den Iran mag Großbritannien zwar nicht leisten; im Fall einer Eskalation in der Region wird aber damit gerechnet, dass beide Nationen ihre Einsätze ähnlich wie in Afghanistan oder im Irak verzahnen.