Guantanamo: Obama bricht sein Versprechen

Analyse: Der Präsident wollte eigentlich das Gefangenenlager schließen. Doch das lässt sich nicht halten.

Washington. Für die Glaubwürdigkeit von US-Präsident Barack Obama ist es ein herber Rückschlag: Das seit Jahren in der Kritik stehende Gefangenenlager Guantanamo Bay wird nicht geschlossen. Wie US-Verteidigungsminister Robert Gates erklärte, sieht die Regierung keine Alternative für die Unterbringung der Terrorverdächtigen.

Während des Präsidentschaftswahlkampfs hatte die Schließung des Lagers zu den wichtigsten Versprechen von Obama gezählt. Folter und andere Menschenrechtsverletzungen werde er nicht dulden. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt, so gelobte er, werde das Gefangenenlager der Vergangenheit angehören. Massive Proteste seitens amerikanischer Politiker sowie eine Serie von Gerichtsurteilen haben dem Präsidenten aber einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Heute sitzen noch 172 sogenannte „feindliche Kämpfer“ in winzigen Zellen auf dem US-Militärstützpunkt an der südlichen Spitze von Kuba. Obwohl viele nicht einmal angeklagt sind, ist ungewiss, wie lange sie noch unter Bedingungen, die Kritiker als „menschenunwürdig“ bezeichnen, festgehalten werden.

Bemüht hatte sich der Präsident zwar. So ordnete er 2009 den Transfer von Häftlingen in ein Gefängnis in Illinois an. Dort gingen aber Kommunalpolitiker und Kongressmitglieder auf die Barrikaden. Sie warnten davor, dass die „Terroristen“ nun von dem US-Festland aus Anschläge vorbereiten würden.

Dann blockierte der Senat Gelder, mit denen die Überstellung der Insassen in amerikanische Gefängnisse finanziert werden sollte. Später genehmigte ein Gericht die Fortsetzung jener umstrittenen Militärtribunale, die Obama zuvor hatte unterbinden wollen. Dort werden Urteile unter Ausschluss von Strafverteidigern und angeblich unter Anwendung von Aussagen gefällt, die durch Folter erzwungen wurden.

Zwar sagt Obama, er werde weiterhin dafür kämpfen, dass das Lager stillgelegt wird. Doch das klingt unglaubwürdig. Schließlich hat er selbst im Januar ein neues Gesetz unterschrieben, mit dem die Regierung den Transfer von Häftlingen sowohl in US-Zivilgefängnisse als auch in aufnahmebereite Drittländer verbietet.