Hohes Mitglied des afghanischen Friedensrates ermordet

Kabul (dpa) - Erneut ist ein prominentes Mitglied des Hohen Friedensrates in Afghanistan ermordet worden. Bei Anschlägen und Gefechten starben zudem sechs Nato-Soldaten. Trotz der Gewalt schreitet die Übergabe der Verantwortung von der Nato an die Afghanen voran.

Acht Monate nach dem Mord an Ex-Präsident Burhanuddin Rabbani wurde am Sonntag ein weiteres wichtiges Mitglied des Hohen Friedensrates in Kabul getötet. Arsala Rahmani sei auf der Fahrt zum Büro aus einem anderen Auto heraus erschossen worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Taliban wiesen eine Tatbeteiligung zurück.

Rahmani stand dem Ratskomitee für Taliban-Gefangene vor und war ein enger Berater von Präsident Hamid Karsai. Er soll Kontakte zu den Aufständischen unterhalten haben, mit denen Karsai eine Aussöhnung herbeiführen will. Unter dem Ende 2001 gestürzten Taliban-Regime war Rahmani Vize-Bildungsminister gewesen.

Rabbani, der damalige Vorsitzende des Friedensrates, war im vergangenen September bei einem Selbstmordanschlag in seiner Residenz in Kabul ermordet worden. Der Attentäter, der den Sprengsatz in seinem Turban versteckt hatte, hatte sich als Abgesandter des Führungsrates der Taliban ausgegeben. Im vergangenen Monat hatte Karsai Rabbanis Sohn Salahuddin Rabbani zum Nachfolger an der Spitze des Friedensrates ernannt.

Burhanuddin Rabbanis Ermordung war ein schwerer Rückschlag für den von Karsai und vom Westen angestrebten Friedensprozess in Afghanistan. Der Prozess soll die Eskalation der Gewalt stoppen und den Konflikt langfristig beenden. Bislang zeigen die Bemühungen um eine Aussöhnung mit den Aufständischen keine Erfolge.

Die Taliban hatten kürzlich den Beginn ihrer Frühjahrsoffensive verkündet und damit gedroht, Regierungsangestellte, Ausländer und Angehörige des Friedensrates zu töten. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte am Sonntag aber, die Aufständischen seien an der Ermordung Rahmanis nicht beteiligt gewesen. Eine Beteiligung an der Tötung Rabbanis haben die Taliban weder bestätigt noch dementiert.

Die Zahl der seit Beginn des Afghanistankrieges 2011 dort und in damit verbundenen Einsätzen getöteten Soldaten ist nach Zählung des Internetdienstes iCasualties.org auf mehr als 3000 gestiegen. Auf die Amerikaner entfielen fast zwei Drittel der Opfer, wie aus den Daten der unabhängigen Website hervorgeht.

Alleine am Wochenende starben sechs ausländische Soldaten in Afghanistan. Das Verteidigungsministerium in London teilte am Sonntag mit, darunter seien zwei Briten, die im Süden des Landes von afghanischen Polizisten erschossen worden seien. Nach Angaben der Nato-geführten Internationalen Schutztruppe Isaf wurde einer der Angreifer getötet, ein weiterer konnte fliehen.

Damit starben in diesem Jahr bereits 22 ausländische Soldaten bei Angriffen afghanischer Polizisten oder Soldaten. Im Militärjargon werden die Angriffe afghanischer Sicherheitskräfte auf internationale Kameraden „Green on Blue“ genannt.

Eine Woche vor dem Nato-Gipfel in Chicago begann in Afghanistan die Übergabe weiterer Gebiete von der Isaf an die einheimischen Sicherheitskräfte. Karsais Sprecher Aimal Faisi verkündete am Sonntag in Kabul den Beginn der dritten Phase des Übergangs. Faisi sagte, nach deren Abschluss würden drei Viertel Bevölkerung in Gebieten unter Kontrolle der afghanischen Sicherheitskräfte leben. Bislang ist das ungefähr jeder zweite Afghane.