Geplante Reform Hunderttausende Franzosen protestieren gegen geplante Arbeitsrechtsreform

Präsident Hollande unter Druck. Bei Großdemonstrationen kam es zu Ausschreitungen.

Foto: Sebastien Nogier/dpa

Paris (AFP) - Fast 400.000 Menschen haben in Frankreich gegen eine geplante Reform des Arbeitsrechts protestiert und damit den Druck auf Staatschef François Hollande erhöht. Angestellte, Studenten und Schüler gingen am Donnerstag in etlichen Städten auf die Straße, zudem streikten in zahlreichen Unternehmen die Mitarbeiter. Nach heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei wurden mehr als hundert Demonstranten festgenommen.

Landesweit beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben 1,2 Millionen Menschen an den Protesten, die Polizei sprach von mindestens 390.000 Teilnehmern. Massenkundgebungen gegen die geplanten Änderungen im Arbeitsrecht fanden unter anderem in Paris, Lyon, Marseille und Nantes statt.

Die Demonstranten trugen Transparente mit Sprüchen wie "Fass' mein Arbeitsrecht nicht an" oder "Wir haben Besseres verdient". "Die Regierung muss die Augen öffnen", warnte der Generalsekretär der Gewerkschaft Force Ouvrière, Jean-Claude Mailly.

Aus Protest gegen die geplante Reform blockierten Schüler rund 200 Gymnasien im Land. Streiks bei der Staatsbahn SNCF und bei den Pariser Verkehrsbetrieben führten zu Behinderungen im Nah- und Fernverkehr, wegen eines Fluglotsenstreiks wurden Flüge gestrichen und es gab Verspätungen. Gestreikt wurde auch beim Stromkonzern EDF und im öffentlichen Sektor, der Pariser Eiffelturm blieb wegen des Ausstandes geschlossen.

In der Hauptstadt Paris und anderen Städten kam es zu Zusammenstößen zwischen jungen Demonstranten und der Polizei. Teils vermummte Jugendliche bewarfen die Ordnungskräfte mit Wurfgeschossen und zündeten Rauchbomben, die Beamten setzten Schlagstöcke, Tränengas und Wasserwerfer ein. Es gab mehr als hundert Festnahmen. 13 Polizisten wurden verletzt. Die Regierung rief alle Beteiligten zur "Ruhe" auf.

Die Gewerkschaften gehen schon seit Wochen gegen Hollandes Reformpläne auf die Barrikaden. Anfang März demonstrierten den Behörden zufolge landesweit mehr als 200.000 Menschen gegen die Reform, die Organisatoren sprachen sogar von rund 450.000 Demonstranten. Bei Protesten von Schülern vor einer Woche gab es schwere Ausschreitungen.

Hollande und sein Premierminister Manuel Valls wollen mit der Reform die gesetzlichen Regelungen zur 35-Stunde-Woche lockern und die Regeln für betriebsbedingte Kündigungen vereinfachen. Sie hoffen so, die Rekordarbeitslosigkeit in Frankreich senken zu können - derzeit sind fast 3,6 Millionen Menschen ohne Job, die Arbeitslosenquote liegt bei zehn Prozent. Arbeitsministern Myriam El Khomri sprach am Donnerstag von einem "notwendigen und gerechten Gesetz".

Gewerkschaften und Studentenorganisationen, aber auch der linke Parteiflügel der regierenden Sozialisten kritisieren die Reform auch nach Zugeständnissen der Regierung als zu unternehmerfreundlich. Sie fordern weitere Änderungen der Pläne oder eine komplette Streichung des Vorhabens. Viele junge Menschen befürchten unsichere Beschäftigungsverhältnisse und schlechtere Arbeitsbedingungen in der Zukunft.

"Die Linke an der Macht kann nicht eine Reform des Arbeitsrechts durchziehen, die eine Abkehr von der Senkung der Arbeitszeit bedeutet, Entlassungen erleichtert und das Arbeitsrecht als Bremse für die Beschäftigung ansieht", sagte Benjamin Lucas von der Bewegung junger Sozialisten.

Die Nationalversammlung wird Anfang Mai über das Vorhaben beraten. Bis dahin haben die Gewerkschaften bereits weitere Proteste angekündigt, unter anderem am 5. und 9. April. Die Großdemonstrationen gegen die Arbeitsrechtsreform folgen nur einen Tag auf eine schwere Schlappe des Staatschefs: Hollande musste eine nach den Anschlägen vom 13. November anvisierte Verfassungsänderung aufgeben.