Pontevedra (Spanien) In seiner Heimatstadt ist Regierungschef Rajoy unerwünscht

Madrid. Mariano Rajoy weht der Wind in seiner galicischen Heimat scharf ins Gesicht. Erst war der konservative spanische Regierungschef im Dezember in seiner westspanischen Heimatstadt Pontevedra von einem Jugendlichen auf der Straße mit einem Faustschlag attackiert worden.

Er hat nicht nur die absolute Mehrheit bei den Wahlen, sondern auch die Zuneigung seiner Heimatstadt Pontevedra verloren: Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy. (Archivfoto)

Er hat nicht nur die absolute Mehrheit bei den Wahlen, sondern auch die Zuneigung seiner Heimatstadt Pontevedra verloren: Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy. (Archivfoto)

Foto: dpa

Nun erklärte ihn das kommunale Parlament der 80.000-Einwohner-Stadt zur „unerwünschten Person“ - weil Rajoy „gegen die Interessen der Bürger“ handele.

Bürgermeister Miguel Fernández Lores begründete den ungewöhnlichen Stadtratsbeschluss damit, dass Rajoy für ein „Umweltattentat“ in Pontevendra verantwortlich sei. Die Regierung Rajoy hatte dieser Tage die Betriebserlaubnis für eine umstrittene und ziemlich betagte Zellulosefabrik in der Stadt um gleich 60 Jahre verlängert. Obwohl vorher den Bürgern versprochen worden war, die umweltbelastende Industrieanlage, welche die Mündung des Flusses Lérez verschandelt, zu verlagern.

Dies stinkt für die Bürger von Pontevedra, wo die linke Regionalpartei BNG die Mehrheit hat, auch deswegen zum Himmel, weil Rajoys konservative Regierung nur noch geschäftsführend im Amt ist - und ihre Tage vermutlich gezählt sind. Rajoy hatte in der Spanien-Wahl am 20. Dezember seine Mehrheit verloren und hat nun zwei Drittel des nationalen Parlaments gegen sich. Deswegen versucht derzeit der sozialistische Oppositionschef Pedro Sánchez, eine neue mehrheitsfähige Regierung zu bilden.

Die Papierfabrik des multinationalen Konzerns Ence sei ein „Geschwür in der Stadt“ skandierten die Bürger dieser Tage auf einer Demonstration am Flussufer. Sie äußerten lautstark den Verdacht, dass Schmiergeld und Vetternwirtschaft hinter der überraschende Erneuerung der Betriebserlaubnis stecken. Die Tatsache, dass in der Konzernspitze gleich zwei frühere konservative Umweltminister sitzen, wird als Indiz dafür angesehen, dass dieser Deal in den „Kloaken des Staates“ ausgehandelt worden sei.

Der 60-jährige Rajoy und seine konservative Volkspartei stehen schon länger wegen zahlreicher Korruptionsskandale mit dem Rücken an der Wand: Auf Mallorca, in der Costa-Blanca-Region Valencia, in der Hauptstadt Madrid, aber auch in Rajoys Heimatregion Galicien wird gegen dutzende konservative Spitzenpolitiker wegen Bestechlichkeit ermittelt.

Es besteht der Verdacht, dass Rajoys Partei landesweit „schwarze Kassen“ unterhielt, die durch Schmiergelder gefüllt wurden und der persönlichen Bereicherung wie der illegalen Parteifinanzierung dienten. Dabei fallen lange Schatten auf Rajoy, der seit 2004 Parteichef ist und nach Aussagen seines Schatzmeisters gleichfalls zwielichtige Zahlungen erhalten haben soll.