Internationaler Druck auf Assad steigt

Nach dem mutmaßlichen Einsatz von Giftgas hofft die Opposition auf ein Eingreifen des Westens. Doch die Lage ist verworren.

Damaskus. Ob „Libyen-Szenario“ oder „Kosovo-Plan“: Der syrischen Exil-Opposition ist alles recht, was in ein militärisches Eingreifen des Westens mündet.

Die Dissidenten glauben, nach der mutmaßlichen Giftgas-Attacke im Umland von Damaskus sei die Zeit jetzt reif, um die zögernden Diplomaten in Washington und Brüssel für die Einrichtung einer Flugverbotszone in Syrien zu gewinnen.

Denn sie gehen davon aus, dass sich Präsident Baschar al-Assad und sein Regime nicht mehr lange halten werden, wenn sie die Rebellen nicht mehr mit Raketen und Kampfjets angreifen können.

In Libyen hatte der Einsatz der Kampfflugzeuge den Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi ermöglicht. Im Kosovokrieg hatte die Nato Ziele in Serbien bombardiert; das Kosovo wurde am Ende unabhängig.

„Es sieht gut aus“, freut sich ein führendes Mitglied der Nationalen Syrischen Allianz, nachdem der Vorsitzende des Oppositionsbündnisses, Ahmed al-Dscharba, die Außenminister von Katar und der Türkei getroffen hat.

Doch fordern diese beiden Staaten ohnehin schon seit langer Zeit eine härtere Linie gegen Assad und unterstützen aktiv die Rebellen.

Viele westliche Regierungen stehen einer Intervention ohne Mandat des von Russland und China blockierten UN-Sicherheitsrates dagegen sehr skeptisch gegenüber — auch Deutschland. Zugleich warnte der Iran die USA in deutlichen Worten vor einem militärischen Eingreifen in der Region.

Zwar sieht es inzwischen immer mehr so aus, als sei im Bezirk Al-Ghuta Al-Scharkija am vergangenen Mittwoch tatsächlich ein chemischer Kampfstoff eingesetzt worden. Jedoch fehlt bislang — zumindest nach öffentlicher Darstellung — der Beweis dafür, dass es tatsächlich das Assad-Regime war, das die Menschen in den Dörfern mit Nervengas getötet hat.

Denn nicht nur das Regime behauptet jetzt, es seien die Rebellen gewesen, die — vielleicht um eine Militärintervention zu provozieren — chemische Kampfstoffe verwendet hätten. Auch westliche Diplomaten haben Zweifel. „Es wäre doch Wahnsinn, wenn Assad jetzt, wo die UN-Chemiewaffeninspekteure im Land sind, Dörfer mit Giftgas beschießen würde.“

Viele Syrer trauen dem Regime dagegen auch das zu. Während eine Vereinbarung geschlossen wird, die den Besuch der Inspekteure in Al-Ghuta Al-Scharkija heute regelt, rollt im Norden des Landes eine neue Fluchtwelle in Richtung türkische Grenze.

Ausgelöst wurde sie von dem Gerücht, Assad wolle — während die Inspekteure im Umland von Damaskus unterwegs sind — Gebiete mit Giftgas bombardieren, die weiter von der Hauptstadt entfernt liegen.

Die Opposition befürchtet, dass die Vertreter des Regimes versuchen werden, die Arbeit der Inspekteure durch fingierte Kampfhandlungen und nachträglich platzierte „falsche Beweise“ zu behindern.