Iraker ringen um neuen Präsidenten
Bagdad (dpa) - Mehr als zweieinhalb Monate sind seit der Parlamentswahl im Irak vergangen. Noch immer sind die beiden höchsten politischen Ämter im Land nicht besetzt. Von der Blockade profitierten die Extremisten.
Zwei Tage vor der nächsten Sitzung des Parlaments ringen die Iraker um den neuen Präsidenten des Landes. Er muss nach einem informellen Abkommen der Parteien ein Kurde sein. Die führende kurdische Partei PUK sei jedoch gespalten in der Frage, wer das Amt übernehmen solle, berichtete die kurdische Nachrichtenseite Rudaw am Montag. Das Parlament soll den neuen Staatschef eigentlich in der Sitzung an diesem Mittwoch bestimmen.
Erst wenn der Posten besetzt ist, kann ein neuer Ministerpräsident gewählt und damit die seit Wochen anhaltende politische Blockade gelöst werden. Schiiten, Sunniten und Kurden streiten sich darum, wer Regierungschef werden soll.
Der Schiit Nuri al-Maliki steht seit 2006 an der Spitze des Kabinetts und möchte für eine weitere Wahlperiode im Amt bleiben. Er stützt sich auf die Wahl Ende April, bei der sein Bündnis stärkste Kraft geworden war.
Vor allem Sunniten und Kurden, aber auch schiitische Politiker fordern jedoch seinen Rücktritt. Sie werfen Al-Maliki vor, seine von Schiiten dominierte Regierung diskriminiere die Sunniten und habe so dem Vormarsch der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) den Boden bereitet. Die Extremisten beherrschen inzwischen große Teile im Norden und Westen des Iraks, wo sie rücksichtlos gegen Gegner und Minderheiten vorgehen. Ihr erklärtes Ziel ist der Marsch auf Bagdad.
Rudaw meldete, ein Flügel der Patriotischen Union Kurdistan (PUK) unterstütze den früheren irakischen Vize-Ministerpräsidenten Barham Salih, der andere Flügel den Parlamentsabgeordneten Fuad Massum. Beide Politiker wurden von der PUK am Montag als Kandidaten nominiert. Beobachter räumen Salih größere Chancen auf das Amt ein.
In den kurdischen Autonomiegebieten im Nordirak trafen unterdessen Tausende Christen ein, die vor der Terrorgruppe Islamischer Staat aus der benachbarten Stadt Mossul geflohen waren. Die Vereinten Nationen sagten ihnen schnelle Hilfe zu.
Die Flüchtlinge hatten Mossul am vergangenen Wochenende nach einem Ultimatum der Extremisten Hals über Kopf verlassen, so dass es dort fast keine Christen mehr gibt. Die Terrorgruppe hatte ihnen mit dem Tod gedroht, sollten sie in Mossul bleiben.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die „systematische Verfolgung“ von Minderheiten im Irak durch die Extremisten aufs Schärfste.