Westjordanland Israelisches Siedlergesetz löst internationale Kritik aus
Jerusalem (dpa) - Die Verabschiedung eines Gesetzes zur nachträglichen Legalisierung israelischer Siedlungen im besetzten Westjordanland hat international Kritik ausgelöst.
„Das Vertrauen, das wir in das Bekenntnis der israelischen Regierung zur Zwei-Staaten-Lösung haben mochten, ist nachhaltig erschüttert“, erklärte das Außenministerium in Berlin. „Viele in Deutschland, die in tiefer Verbundenheit an der Seite Israels stehen, lässt dieser Schritt enttäuscht zurück.“
Das Gesetz stelle einen neuen Angriff auf die Zwei-Staaten-Lösung dar, erklärte Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault in Paris mit. „Es droht, die Spannung in der Region noch zu verschärfen.“
Auch die Türkei und Großbritannien übten Kritik. Die Palästinenser sprachen vom „Ende der Zwei-Staaten-Lösung“. Rechtsreligiöse israelische Politiker lobten dagegen die Entscheidung. Israels Höchstes Gericht könnte das Gesetz noch kippen.
Israels Parlament hatte am Montagabend das umstrittene Gesetz gebilligt, mit dem Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland rückwirkend legalisiert werden. Dies betrifft rund 4000 Wohnungen israelischer Siedler, die widerrechtlich auf privaten Grundstücken von Palästinensern gebaut wurden. Ultrarechte Politiker wollen damit weitere Räumungen wilder Siedlungen verhindern. Das Gesetz sieht eine Entschädigung der palästinensischen Besitzer vor.
Israel hat 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Seither kontrolliert es die Gebiete weitgehend. Zwischen 2,9 Millionen Palästinensern leben dort mittlerweile rund 600 000 Israelis. Die Siedlungen gelten international als ein Hindernis für eine Zwei-Staaten-Lösung, bei der neben Israel ein Staat Palästina entstehen soll.
Das Gesetz betrifft nach Angaben der Knesset zunächst 16 Siedlungen und Außenposten im Westjordanland. Es ermögliche dem Staat, palästinensisches Privatland, auf das israelische Siedler „unwissentlich oder auf Anweisung des Staates“ Häuser gebaut haben, als Staatsbesitz zu konfiszieren. Die rechtmäßigen Eigentümer dürften es dann bis zu einer endgültigen Entscheidung über den künftigen Status der Gebiete nicht mehr nutzen. Sie sollten aber mit einer jährlichen Gebühr oder soweit möglich mit einem alternativen Grundstück entschädigt werden.
Netanjahu hatte gesagt, man wolle mit dem Gesetz die Besiedlung des Westjordanlandes „ein für alle Mal regeln“. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump im vergangenen Monat hat Israel bereits den Bau von rund 6000 neuen Siedlerwohnungen und einer ganz neuen Siedlung angekündigt.
Rechtsprofessor Juval Schani von der Hebräischen Universität in Jerusalem erwartet zumindest langfristig einen Stopp des Gesetzes durch das Höchste Gericht in Jerusalem. „Das Gesetz verletzt grundlegende Rechte“, sagte Schani am Dienstag. „Das Gericht wird das Gesetz vermutlich für untauglich erklären.“ Es greife in Eigentumsrechte ein und sei diskriminierend, weil es den Landtransfer nur von Palästinensern zu Juden reguliere.
Die Nichtregierungsorganisationen Peace Now, Jesch Din und Acri wollen in Kürze eine Petition gegen die Regelung beim Höchsten Gericht einreichen.
Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit betonte, dies sei das erste Mal, dass Israels Gesetzgebung explizit die Unterstützung der Regierung für die Siedlungen bekräftige. Das Gesetz verstoße gegen israelisches und internationales Recht. Er äußerte auch die Sorge, das Gesetz könne Munition für Klagen gegen Israelis vor dem Internationalen Strafgerichtshof liefern.
Die palästinensische Politikerin Hanan Aschrawi sagte: „Ein solches Gesetz ist ein Signal für die endgültige Annexion des Westjordanlandes.“ PLO-Generalsekretär Saeb Erekat sprach vom „Ende der Zwei-Staaten-Lösung“ in Nahost.
Israels Bildungsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei lobte dagegen die Entscheidung auf Twitter und sprach von einem „Wendepunkt“. Sein Parteikollege Bezalel Smotrich sagte, dies sei ein „historischer Tag für die Besiedlung und den Staat Israel“.