Israels Medien schließen neue Angriffe in Syrien nicht aus
Tel Aviv/Washington/Berlin (dpa) - Nach Berichten über einen israelischen Luftangriff in Syrien schließen israelische Medien auch eine kriegerische Auseinandersetzung mit dem nördlichen Nachbarn nicht mehr aus.
„Sollten Syrien und die Hisbollah-Milizen (im Südlibanon) die Warnung vor weiteren Waffentransporten von Syrien in den Libanon nicht ernst nehmen, wird der nächste Angriff nicht so glimpflich ausgehen“, schrieb die gewöhnlich gut unterrichtete Zeitung „Jediot Achronot“ am Freitag. Als Folge könne die gesamte Region in einen offenen gewalttätigen Schlagabtausch gestürzt werden.
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte vor der Gefahr eines Flächenbrandes. Westerwelle rief nach einem Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Berlin alle Seiten zur „Deeskalation“ auf. Der stellvertretende nationale Sicherheitsberater der USA, Ben Rhodes, warnte die Führung in Damaskus: „Syrien sollte die Region nicht weiter destabilisieren, etwa mit der Lieferung von Waffen an die Hisbollah.“ UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich besorgt und rief alle Beteiligten auf, weitere Spannungen in der Region zu vermeiden.
Das Risiko einer sofortigen Vergeltung durch Syrien, den Iran oder die Hisbollah wurde in Israel jedoch als klein eingeschätzt. Dies sehe offenbar auch Verteidigungsminister Ehud Barak so, der trotz der Spannungen zur Münchner Sicherheitskonferenz gereist sei, schrieb „Jediot Achronot“. Die drei Gegner Israels seien derzeit nicht an einer militärischen Eskalation interessiert, meinte die Zeitung „Israel Hajom“. Anschläge weltweit könnten aber nicht ausgeschlossen werden.
„Jediot Achronot“ berichtete, der Geheimdienst habe mehrere israelische Botschaften weltweit angewiesen, die Sicherheitsregeln weiter zu verschärfen. Inoffiziellen Angaben zufolge befanden sich auch Teile des Militärs in erhöhter Alarmbereitschaft. Augenzeugen berichteten von verschärften Kontrollen an der Grenze zu Ägypten.
Syrien und der Iran machen Israel für einen Luftangriff auf ein militärisches Forschungszentrum bei Damaskus verantwortlich und haben Vergeltung angekündigt. Bei dem Angriff sollen zwei Menschen getötet und fünf weitere verletzt worden sein. Aus westlichen Sicherheitskreisen hieß es jedoch, der Angriff habe einem Konvoi mit Flugabwehrraketen für die israelfeindliche Hisbollah-Miliz im Südlibanon gegolten.
Mehrere arabische Medien wollen erfahren haben, dass bei dem Angriff sowohl ein Gebäude auf dem Stützpunkt in Dschamraja getroffen wurde als auch ein mit Waffen beladener Konvoi, der im Begriff war, das Gelände zu verlassen. Nach Informationen der irakischen Zeitung „Al-Zaman“ sollen sich auf dem Gelände auch russische Militärberater und Angehörige einer iranischen Spezialeinheit aufgehalten haben..
Die US-Zeitung „McClatchy newspapers“ berichtete unter Berufung auf israelische Quellen, Ziel des Angriffs seien Flugabwehrraketen gewesen, die sich zwei ungenannten israelischen Geheimdienstmitarbeitern zufolge zum Zeitpunkt der Bombardierung noch auf oder bei einem Stützpunkt in der Nähe von Damaskus befunden hätten.
Die israelische Führung schwieg auch am Freitag zu den Vorwürfen. Zur Politik der Abschreckung Israels gehört, Angriffe im Ausland weder zu bestätigen noch zu dementieren, um den Gegner im Unklaren zu lassen.
Syrien drohte Israel wegen des Luftangriffs mit Vergeltung. Es gebe die „Möglichkeit eines Überraschungsschlags“, sagte der syrische Botschafter im Libanon, Ali Abdel Karim Ali. Der Iran als eigentliche Schutzmacht des Assad-Regimes und der Hisbollah drohte Israel harsche Konsequenzen an.
Sowohl regimetreue Syrer als auch die Opposition hatten den israelischen Angriff und das Versagen der syrischen Luftabwehr scharf kritisiert. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana reagierte auf diese Kritik am Freitag, indem sie einen Bericht über einen Truppenbesuch von Generalstabschef Ali Abdullah Ajub veröffentlichte. Laut Sana sagte Ajub vor Soldaten: „Wir kennen unsere eigenen Fähigkeiten und wissen um unsere Bereitschaft diese zu gegebener Zeit einzusetzen.“ Der Kampf gegen „den zionistischen Feind“ werde weitergehen.