Selfie-Video aufgetaucht Istanbul-Anschlag: Kein Durchbruch bei Suche nach Angreifer

Istanbul (dpa) - Bei der fieberhaften Fahndung nach dem mutmaßlichen IS-Angreifer auf eine Silvesterparty in Istanbul hat die türkische Polizei auch am dritten Tag in Folge keinen Durchbruch vermeldet.

Foto: dpa

Zwar nahmen die Sicherheitskräfte in Istanbul nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu bis Dienstag insgesamt 16 Verdächtige fest, darunter am Atatürk-Flughafen auch zwei Ausländer. Die Festnahme des Täters selber wurde von den Behörden aber nicht mitgeteilt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte den Angriff in der Silversternacht mit 39 Toten am Montag für sich reklamiert.

Foto: dpa

Kurz nach Anbruch des neuen Jahres war ein Angreifer in den Club Reina eingedrungen und hatte wahllos auf Feiernde geschossen. Nach der Bluttat gelang dem Täter die Flucht. Ministerpräsident Binali Yildirim teilte am Dienstag mit, der nach dem Putschversuch vom 15. Juli verhängte Ausnahmezustand solle mindestens bis ins Frühjahr hinein verlängert werden. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan begründet den Notstand mit einem effektiveren Anti-Terror-Kampf.

Yildirim kündigte an, im Jahr 2017 werde die Türkei sich voll auf die Bekämpfung des Terrors konzentrieren. Ziel des Angriffs auf den Club Reina sei gewesen, die Türkei entlang ethnischer Linien und Konfessionen zu spalten. Yildirim versicherte: „Die Türkei ist ein Rechtsstaat. In diesem Land stehen alle Lebensweisen, alle Glaubensrichtungen und alle Gesinnungen unter staatlichem Schutz.“

Die Nachrichtenagentur DHA meldete, der Angreifer von Istanbul sei im vergangenen November von Syrien aus mit seiner Ehefrau und seinen Kindern eingereist, um keinen Verdacht zu erwecken. Die Familie habe sich im zentralanatolischen Konya niedergelassen, der Angreifer sei am 15. Dezember per Bus nach Istanbul gekommen.

Die Nachrichtenagentur IHA berichtete dagegen, der mutmaßliche Täter sei mit seiner Ehefrau und seinen Kindern per Flugzeug aus Kirgistan nach Istanbul gekommen. Er habe sich dann in Konya niedergelassen und sei erst am 29. Dezember nach Istanbul zurückgekehrt. Die Ehefrau des Täters sei in Konya festgenommen worden. Sie habe angegeben, nichts von einer Verbindung ihres Ehemannes zum IS gewusst zu haben.

Diese Berichte deuten darauf hin, dass den Behörden die Identität des mutmaßlichen Täters bekannt sein könnte. Sie wurden aber nicht offiziell bestätigt. Nach Meldungen über eine kirgisische Herkunft sicherte die Regierung in Bischkek der Türkei Zusammenarbeit zu, um die Identität des Täters zu klären. Die Sicherheitsbehörden seien im Kontakt mit den türkischen Ermittlern, sagte Rachat Sulajmanow vom Komitee für nationale Sicherheit der Agentur Interfax zufolge.

Bei der Fahndung nach dem Angreifer tauchte unterdessen ein Selfie-Video des Verdächtigen auf. Auf der von türkischen Medien am Dienstag veröffentlichten Aufnahme ist knapp 40 Sekunden lang zu sehen, wie ein Mann auf einem belebten Platz herumläuft, während er sich selbst und die Umgebung offenbar mit einer Handy-Kamera filmt. Medienberichten zufolge wurde das Video in der Gegend des Taksim-Platzes im Herzen der Millionenmetropole aufgenommen.

Auf dem Selfie-Video des Verdächtigen spricht der dunkelhaarige junge Mann nicht. Passanten mit Einkaufstüten sind zu sehen, auch eine Frau mit einem Kinderwagen läuft hinter dem Mann vorbei. Es sind die bislang schärfsten Bilder des Verdächtigen.

Nach dem Terroranschlag in Istanbul schlägt die türkische Armee mit voller Härte gegen den IS in Nordsyrien zu. Anadolu meldete am Dienstag, die Truppen hätten seit dem Vortag mindestens 150 Ziele mit Haubitzen, Raketenwerfern, Mörsern und Panzern beschossen. Die Luftwaffe habe unter anderem in der umkämpften Stadt Al-Bab Stützpunkte der Terrormiliz und ein Waffendepot bombardiert. 18 IS-Terroristen seien getötet und 37 weitere verwundet worden.

Türkische Truppen waren im August in Nordsyrien einmarschiert. Die Operation „Schutzschild Euphrat“ richtet sich gegen den IS, aber auch gegen die Kurdenmiliz YPG, die eng mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden ist.