Italien steht bei der Parlamentswahl vor Rechtsruck

Am 4. März drängen die Italiener an die Urne. Die rechtspopulistische Fünf-Sterne-Bewegung liegt in Umfragen vorn.

Der Komiker und Kabarettist Beppe Grillo ist das bekannteste gesicht der Fünf-Sterne-Bewegung.

Foto: Filippo Pruccoli

Düsseldorf. Bevor am 4. März in Italien ein neues Parlament gewählt wird, steht das Land vor drängenden Problemen: Sorge bereitet internationalen Beobachtern vor allem das Erstarken der rechtspopulistischen Protestpartei Fünf-Sterne-Bewegung um den Komiker Beppe Grillo, die derzeit einen rasanten Aufschwung erfährt.

Für die vielerorts fremdenfeindliche Stimmung im Land im Zuge von dessen Flüchtlingsabkommen mit Libyen spricht auch der rassistisch motivierte Angriff eines Italieners, der vor wenigen Wochen in Macerata aus einem fahrenden Auto mit einer Schusswaffe auf Passanten gefeuert und sechs Personen dabei verletzt hatte. Das einzige, was seine Opfer aus Gambia, Nigeria, Mali und Ghana dabei verband, war ihre schwarze Hautfarbe.

Wie der spürbare Rechtsruck in der Bevölkerung, der kaum erkennbare Reformwille der Politik und die wirtschaftliche Überlegenheit des Nordens gegenüber dem Süden Italiens das Land nach der Wahl prägen werden, beschäftigt auch hierzulande die Menschen mit italienischen Wurzeln. Bei einer Gesprächsrunde der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) diskutierte jetzt Ernst Hillebrand, Leiter des Auslandsbüros der FES in Rom, mit Italien-Kennern über die aktuellen Entwicklungen im Land.

„Anders als in Deutschland findet der italienische Wahlkampf vor allem im Internet statt“, beobachtet Hillebrand. „Viele Bürger kennen den Kandidaten aus ihrem Wahlkreis gar nicht. Es gibt keinen Straßenwahlkampf wie in Deutschland. Den Parteien fehlen dafür die finanziellen Mittel.“ Eine Prognose über die politische Gemengelage in Italien will Hilllebrand nicht machen. Aktuelle Umfragen zumindest sehen das Bündnis aus rechten Parteien um Silvio Berlusconi vorn, während die sozialdemokratische Partito Democratico (PD) um Parteichef Matteo Renzi deutlich hinter der Fünf- Sterne-Bewegung liegt. Jedoch würde keiner der Blöcke derzeit eine Regierungsmehrheit zustande bringen.

Ausgerechnet Silvio Berlusconi, verurteilt wegen Steuerhinterziehung und im Ausland verpönt wegen seiner Vorliebe für Prostitution, genießt mit seiner wirtschaftsliberalen „Forza Italia“ noch immer großen Rückhalt bei den Italienern — aktuell liegt seine Partei bei über 16 Prozent. „Man muss Berlusconi eines lassen: Er ist ein begnadeter Populist“, sagt Hillebrand.

Den demografischen Wandel weiß der ehemalige Cavaliere durchaus zu nutzen und zielt mit einer Kampagne ins Herz der älteren Italiener: „Die Senioren haben in Italien fast alle einen Hund als Haustier. Berlusconi hat ihnen versprochen, dass in seiner Amtszeit jedes Vierteljahr der Staat die Kosten für einen Tierarztbesuch trägt“, erklärt Hillebrand dem amüsierten Publikum. „Das letzte Kind hat bekanntlich Fell.“ Auch plädiere Berlusconi zurzeit für die Einhaltung des Maastricht-Vertrags und inszeniere sich als europafreundlicher Vernunftspolitiker der Mitte. „Die Italiener lassen sich gerne von ihm verführen.“

Schwindende Sympathien bescheinigt Silvio Vallecoccia vom Komitee Italiener im Ausland in Köln dagegen dem Sozialdemokraten Matteo Renzi, dem Vorsitzenden der PD. Mit großer Geste hatte dieser angekündigt, sich im Falle eines Scheiterns des Verfassungsreferendums aus der Politik zurückziehen zu wollen — was er allerdings nicht tat. „Sein Stil gefällt den Italienern nicht. Er hat sich viele Feinde gemacht“, so Vallecoccia.

Laut Hillebrand benötigt Italien als drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone angesichts einer Staatsverschuldung von 132 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor allem Konzepte, um die Steuern zu erhöhen und die Staatsschulden zu senken. Optimistisch ist er da nicht: „Die Politik verspricht genau das Gegenteil.“