Nach Misstrauensvotum Johnson bleibt im Amt - Spekulationen über seine Zukunft halten an

London · Der britische Premier Boris Johnson hat das Misstrauensvotum seiner Fraktion überstanden, aber eine deutliche Rebellion erlebt. Zurück zur Tagesordnung zu gehen dürfte schwierig werden. Rückendeckung kommt immerhin aus der Ukraine.

Der britische Premierminister Boris Johnson will nach dem überstandenen Misstrauensvotum in seiner eigenen Fraktion die Debatte über seine politische Zukunft beenden.

Foto: dpa/Leon Neal

Der britische Premierminister Boris Johnson will nach dem überstandenen Misstrauensvotum in seiner eigenen Fraktion die Debatte über seine politische Zukunft beenden. „Wir sind jetzt in der Lage, einen Schlussstrich zu ziehen unter die Fragen, mit denen sich unsere Gegner beschäftigen wollen“, sagte der konservative Regierungschef am Dienstag in London zu Beginn einer Kabinettssitzung. Er wolle sich nun ausschließlich darauf konzentrieren, wie das Land vorangebracht werden könne.

Ob das gelingen wird, ist fraglich. Zwar konnte Johnson einem Sturz durch die eigene Partei bei der Abstimmung am Montagabend entrinnen, doch seine Autorität ist schwer beschädigt. 211 konservative Abgeordnete stimmten für ihn, 148 Tory-Abgeordnete verweigerten ihm das Vertrauen. Der Premierminister, der zugleich Parteichef der Konservativen ist, hat damit mehr als 40 Prozent seiner eigenen Abgeordneten gegen sich.

Johnson war unter Druck geraten, nachdem Details über teils exzessive Partys in seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street während der Corona-Lockdowns ans Licht gekommen waren. Der konservative Politiker hatte die Feiern geduldet und war teilweise sogar dabei gewesen.

Fast alle Titelseiten der britischen Zeitungen zeigten nach dem Misstrauensvotum am Dienstag Fotos eines trüb drein blickenden Johnson auf dem Heimweg. „Ein verwundeter Sieger“ schrieb die „Times“ dazu. Sogar der konservativ geneigte „Telegraph“ titelte „Ein hohler Sieg zerreißt die Tories“.

Schon seit Monaten hatten immer wieder Parteikollegen Johnson öffentlich zum Rücktritt aufgefordert. Der Versuch, ihn aus dem Amt zu jagen, ist nun vorerst gescheitert. Johnson hat zwar noch die Mehrheit der Fraktion hinter sich, doch die Fronten innerhalb der eigenen Partei scheinen so verhärtet, dass ihm das Regieren zunehmend schwer fallen dürfte.

Rückenwind bekam Johnson am Dienstag hingegen aus der Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte bei einer Veranstaltung der „Financial Times“, bei der er zugeschaltet war, er freue sich, dass Boris Johnson als Freund der Ukraine erhalten bleibe und bezeichnete dessen Sieg als „großartige Neuigkeit“.

Nach den Regeln der Konservativen Partei ist ein erneutes Misstrauensvotum nun erst nach zwölf Monaten wieder möglich. Allerdings sagte der Tory-Abgeordnete Tobias Ellwood dem Sender Sky News, es sei durchaus möglich, diese Regeln zu ändern.

Ohnehin bahnt sich die nächste Krise schon an. Am 23. Juni muss in zwei englischen Wahlbezirken eine Nachwahl abgehalten werden. In beiden Fällen mussten konservative Abgeordnete zurücktreten. Die Opposition hat gute Aussichten auf einen Erfolg.

(dpa)