Katar kündigt Abschaffung der Sonderregeln für ausländische Arbeiter an
Gastgeber von Fußball-WM 2022 schafft umstrittenes "Kafala"-System ab.
Doha (AFP) - Der Golfstaat Katar hat ein Ende seines umstrittenen "Kafala"-Systems verkündet, wonach ausländische Arbeitskräfte schutzlos ihren Vorgesetzten ausgeliefert sind. Arbeitsminister Issa bin Saad al-Dschafali al-Nuaimi sagte am Montag, die geltenden Sonderregeln für ausländische Arbeiter würden ab Dienstag abgeschafft. Stattdessen sollten die 2,1 Millionen ausländischen Arbeitskräfte im Land Verträge erhalten. Menschenrechtsaktivisten kritisierten das "Kafala"-System stets als moderne Sklaverei. Amnesty International erklärte am Montag, die Reform gehe nicht weit genug.
In den vergangenen Jahren machten die Arbeitsbedingungen in Katar verstärkt Schlagzeilen, weil sich auf Baustellen für die in dem Golfstaat geplante Fußball-Weltmeisterschaft 2022 zahlreiche tödliche Unfälle ereigneten. Nach Untersuchungen des Internationalen Gewerkschaftsbunds kamen seit dem Jahr 2010 auf WM-Baustellen etwa 1200 Arbeiter ums Leben. Viele von ihnen sind Ausländer, die meisten von ihnen kommen aus armen Staaten Asiens. Das nun verkündete Gesetz ist die bislang größte Arbeitsreform in Katar. Nach dem bisher geltenden System musste jeder ausländische Arbeiter einen einheimischen "Sponsor" haben - einen Menschen oder eine Firma. Ohne die Erlaubnis des Sponsors durften die Ausländer nicht ihren Arbeitsplatz wechseln und nicht das Land verlassen. Bauarbeiter, die sich mit dem Versprechen hoher Löhne auf Katars WM-Baustellen locken ließen, erhielten oft deutlich weniger Lohn, als ihnen zugesagt wurde.
Arbeitsminister Nuaimi sagte, das neue Gesetz werde die Rechte eines jeden ausländischen Arbeitnehmers in Katar verbessern. "Es ersetzt das 'Kafala'-System durch ein modernisiertes, vertragsbasiertes System, das die Rechte von Arbeitern schützt und die Job-Flexibilität erhöht." Wer misshandelt werde, dürfe seinen Arbeitsplatz wechseln.
Das bisher benötigte Ausreisevisum fällt künftig weg. Vorgesetzte, die weiter den Pass ihrer Angestellten einziehen, müssen mit mehreren tausend Euro Strafe rechnen. Allerdings brauchen die ausländischen Arbeitskräfte auch künftig vor dem Verlassen des Landes die Genehmigung ihres Sponsors. Mit möglichen Streitfällen über eine Ausreise soll sich ein Komitee befassen, das am Dienstag seine Arbeit aufnimmt. Die Änderungen im Arbeitsrecht waren bereits im vergangenen Jahr vom Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani, angekündigt worden. Nuami bat die Weltöffentlichkeit am Montag um Geduld bei der Umsetzung der neuen Regeln. Konstruktive Kritik sei erwünscht. Aber es dürften keine vorschnellen Urteile gefällt werden.
Amnesty International warf der Regierung der ölreichen Golfmonarchie vor, mit der Reform kaum etwas zu ändern. "Dieses neue Gesetz mag das Sponsorensystem abschaffen, aber das grundlegende System bleibt erhalten", hieß es in einer Stellungnahme der Menschenrechtsorganisation. Es sei gut, dass Katar erkannt habe, dass seine Gesetze zu Missbrauch führen. Aber auch nach diesen Änderungen seien ausländische Arbeiter "ihren ausbeuterischen Vorgesetzten ausgeliefert".