Trumps Kandidat Kavanaugh soll neuer Richter am höchsten US-Gericht werden
Washington (dpa) - Es ist eine der folgenreichsten Entscheidungen seiner Amtszeit: US-Präsident Donald Trump hat den konservativen Juristen Brett Kavanaugh als neuen Richter am Obersten Gerichtshof der USA nominiert.
Der 53-Jährige soll - vorbehaltlich seiner Bestätigung im Senat - auf Anthony Kennedy folgen. Der 81-Jährige stellt den Posten im neunköpfigen Gremium des Supreme Courts Ende Juli aus Altersgründen zur Verfügung.
Der Supreme Court gilt in der US-Politik als eine enorm wichtige Institution. Die Auslegung der Verfassung ist hochpolitisch und stellt grundsätzliche Weichen in den wichtigsten gesellschaftlichen und politischen Fragen. Das Gremium hätte im Falle einer Bestätigung Kavanaughs eine klare konservative Ausrichtung.
Kavanaugh gilt als Verfechter einer wörtlichen Auslegung der US-Verfassung. „Ein Richter muss die Verfassung so interpretieren, wie sie geschrieben ist“, sagte Kavanaugh nach seiner Nominierung. Dies könnte etwa die Gegner des Schusswaffengebrauchs in den USA wenig freuen. Die Waffen-Lobby stützt sich auf eine wörtliche Auslegung des verfassungsmäßigen Rechts auf Selbstverteidigung.
Trump sagte: „Er ist ein brillanter Richter, mit einem klaren und effektiven Schreibstil.“ Kavanaugh habe die Fähigkeit, die Verfassung ihrem Grunde nach auszulegen.
Von den oppositionellen US-Demokraten kam umgehend scharfe Kritik: Kavanaugh sei von erzkonservativen Netzwerken wie etwa der Heritage Foundation vorausgewählt worden. Es gehe bei der Nominierung nicht um die Frage, ob er ein guter Jurist sei, sondern vielmehr darum, welche Entscheidungen er mittragen werde. In vielen US-Medien wurde eine Politisierung des Obersten Gerichts beklagt.
Der moderat-konservative Richter Kennedy, noch von Präsident Ronald Reagan ernannt, geht Ende Juli in den Ruhestand. Trump hatte damit die Möglichkeit, einen konservativeren Nachfolger zu benennen und das politische Kräfteverhältnis des Gerichts nach rechts zu verschieben. Bereits als eine seiner ersten Amtshandlungen hatte er den stark konservativen Neil Gorsuch in den Supreme Court berufen.
Die Kandidaten für den Supreme Court werden vom US-Präsidenten auf Lebenszeit vorgeschlagen, aber sie müssen vom Senat bestätigt werden. Die Republikaner haben dort derzeit eine Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen. Da der schwerkranke Senator John McCain seit Monaten an keiner Abstimmung teilgenommen hat und abwesend ist, kommt es für die Republikaner auf jede Stimme an. Wenn die Demokraten geschlossen gegen Trumps Kandidaten stimmen, könnte ein einziger republikanischer Abweichler alles zu Fall bringen.
Deswegen stehen die beiden moderaten Republikanerinnen Susan Collins und Lisa Murkowski stark im Fokus. Das hat mit ihrer Haltung beim Streitthema Abtreibung zu tun. Beide sind anders als viele ihrer Parteikollegen dafür, dass Frauen selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden dürfen. Kavanaugh erklärte, er wolle offen an jeden Fall herangehen. Noch am Folgetag seiner Nominierung wolle er das Gespräch mit den Senatoren suchen.
Ein Grundsatzurteil aus dem Jahr 1973, das unter dem Kürzel „Roe v. Wade“ bekannt ist, legalisierte Schwangerschaftsabbrüche in den USA. Collins sagte am Wochenende, dass sie jeden Kandidaten ablehnen würde, der die Grundsatzentscheidung aufheben würde. Trump hatte erklärt, er habe die Kandidaten vorher nicht zu einzelnen Fällen befragt. Kavanaugh wird in der Frage eine pragmatische Herangehensweise zugetraut.
Eine intensive Debatte über Trumps Kandidaten wird nun die politische Öffentlichkeit in den USA für Monate prägen. Womöglich überlagert sie sogar diejenige über die Kongresswahlen im November. Trump kommt das gelegen, weil diese Personalie die Aufmerksamkeit von seinen Problemen und Affären lenken kann. Das Thema ist in den USA auch deswegen so wichtig, weil viele zunächst widerstrebende Republikaner Trump vor allem wegen der Aussicht auf ein langfristig konservativ besetztes Gericht unterstützen.