Kerry warnt Israel: Ohne Frieden droht Apartheidstaat
Jerusalem (dpa) - US-Außenminister John Kerry hat Israel einem US-Bericht zufolge in ungewöhnlich offener Form davor gewarnt, zu einem Apartheidstaat wie das frühere Südafrika zu werden.
„Eine Zwei-Staaten-Lösung wird die einzige wirkliche Alternative sein. Weil ein Einheitsstaat (Israel mit dem Westjordanland und Ost-Jerusalem) entweder in einem Apartheidstaat mit Bürgern zweiter Klasse (Palästinenser) oder in einem Staat enden könnte, der die Fähigkeit Israels zunichtemachen würde, ein jüdischer Staat zu sein“, zitierte ihn das US-Online-Magazin „The Daily Beast“ am Sonntag (Ortszeit).
Die neunmonatige Frist für die von Kerry vermittelten und bislang erfolglosen Friedensgespräche endet an diesem Dienstag. Innerhalb dieser Zeit sollten sich beide Seiten auf einen umfassenden Friedensvertrag auf Grundlage einer Zwei-Staaten-Lösung einigen.
Das offizielle Jerusalem schwieg am Holocaustgedenktag zunächst zu dem Bericht. Normalerweise reagiert die siedlerfreundliche Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu allergisch auf Vorwürfe dieser Art.
Die Palästinenser kündigten unterdessen an, sie wollten angesichts des erneuten Scheiterns der Friedensgespräche ihren diplomatischen Kampf für einen eigenen Staat wieder intensivieren. Es sei geplant, insgesamt 63 internationalen Organisationen und Abkommen beizutreten, sagte der palästinensische Chefunterhändler für die Gespräche mit Israel, Saeb Erekat. Einen genauen Zeitpunkt nannte er jedoch nicht.
Kerry habe seine Warnungen an Israel vergangenen Freitag bei einer nichtöffentlichen Rede vor Experten der Trilateralen Kommission aus Europa, Russland und Japan abgegeben, schrieb das Magazin weiter. Eine offizielle Bestätigung aus Washington gab es zunächst nicht. Der Bericht wurde von israelischen Medien prominent wiedergegeben.
Kerry habe sowohl Israel als auch die Palästinenser für den Stillstand bei den Friedensgesprächen verantwortlich gemacht. Der US-Chefdiplomat habe nicht ausgeschlossen, dass er angesichts der Kompromisslosigkeit beider Seiten diese auch mit einem fertigen US-Friedensplan konfrontieren könnte. „Hier habt Ihr es, Leute. So sieht es aus. Nehmt es oder lasst es sein“, zitierte das Magazin Kerry.