Kurzvisite in Kobane: Erste Peschmerga eingetroffen
Kobane (dpa) - Nach langem Warten sind die ersten kurdischen Peschmerga aus dem Nordirak in der belagerten nordsyrischen Stadt Kobane eingetroffen. Die zehnköpfige Vorhut habe die Ankunft der restlichen 140 Kämpfer vorbereitet und die Stadt danach wieder verlassen, teilten Vertreter der Kurden mit.
Die Peschmerga sollen den Verteidigern der Stadt helfen, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zurückzudrängen.
Die Extremisten versuchen seit Wochen, das überwiegend von Kurden bewohnte Kobane einzunehmen. Sie haben die Stadt weitgehend eingekesselt. Offen geblieben ist nur ein Korridor in Richtung türkischer Grenze.
Das Außenministerium in Damaskus kritisierte in scharfem Ton, die Türkei habe die Souveränität Syriens verletzt, indem sie ausländische Kräfte über die Grenze gelassen habe.
Die 150 Kämpfer aus dem Nordirak hatten sich am Dienstag auf den Weg zunächst in die Türkei gemacht. Eine Gruppe von 80 Peschmerga landete auf dem Flughafen Sanliurfa. Weitere 70 Kämpfer sowie schwere Waffen wurden über den Landweg Richtung Kobane transportiert.
Die Peschmerga warten in der türkischen Stadt Suruc in der Nähe der Grenze auf ihren Einsatz. Kurdenvertreter warfen der Türkei laut Medienberichten vor, die Kämpfer an der Grenze festzuhalten.
Die Regierung in Ankara hatte in der vergangenen Woche die Erlaubnis gegeben, dass die Peschmerga aus dem Nordirak auf dem Weg ins nordsyrische Kobane auch türkisches Territorium passieren dürfen.
Die Türkei tut sich jedoch mit jeder Hilfe für die kurdischen Volksschutzeinheiten in Kobane schwer, da diese mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden sind. Die PKK ist in der Türkei als Terrororganisation verboten.
Die IS-Extremisten scheiterten am Donnerstagmorgen mit dem Versuch, den Grenzübergang zur Türkei zu erobern und so den Peshmerga den Weg nach Kobane abzuschneiden. Die heftigen Kämpfen zwischen IS und kurdischen Volksschutzeinheiten gingen weiter.
Am Mittwoch waren bereits Kämpfer der gemäßigten Freien Syrischen Armee (FSA) in Kobane eingetroffen. Die Oppositionsmiliz kämpft im syrischen Bürgerkrieg sowohl gegen den IS als auch gegen das Regime. Ein Kurden-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa, 50 bis 70 FSA-Kämpfer seien in Kobane angekommen. Medien berichteten unter Berufung auf einen FSA-Kommandeur von insgesamt 200 Mann Verstärkung.
Ein FSA-Kommadeur aus Kobane kritisierte die geplante Verlegung weiterer Kämpfer der Oppositionsgruppe nach Kobane. Die FSA-Kräfte würden in der nordsyrischen Stadt Aleppo benötigt, sagte Nisar al-Khatib in Istanbul. Die Situation dort sei sehr gefährlich, weil das Regime versuche, die Rebellen in Aleppo einzuschließen. Die vor dem Bürgerkrieg zweitgrößte Stadt Syriens ist eine wichtige Hochburg der Regimegegner, die dort stark unter Druck stehen.
Ein Erkundungsteam der Bundesregierung soll sich am Donnerstag auf den Weg in den Nordirak machen, um die Beteiligung der Bundeswehr an einer militärischen Ausbildungsmission zu prüfen. Zu dem Team gehören drei Vertreter des Verteidigungsministeriums und einer des Auswärtigen Amts. Deutschland erwägt die Ausbildung von Streitkräften in der nordirakischen Stadt Erbil. Damit will die Bundesregierung den Kampf gegen die IS-Terrormiliz unterstützen.
Die IS-Extremisten sollen im Westirak mehr als 200 Mitglieder eines sunnitischen Stammes getötet haben. Die Nachrichtenseite Al-Sumaria berichtete unter Berufung auf einen Stammesscheich von einem Massengrab mit 150 Leichen nahe der Stadt Ramadi.
Das Portal Al-Mada meldete zudem, die Extremisten hätten in der nahegelegenen Stadt Hit 30 Kämpfer desselben Stammes zusammengetrieben und erschossen. Bereits am Mittwoch hatten die IS-Extremisten in Hit mehr als 40 Angehörige des Stammes Bu Nimr erschossen.
Bereits im Juni töteten die sunnitischen IS-Extremisten laut Menschenrechtlern in der Nähe der nordirakischen Stadt Mossul rund 600 Insassen einen Gefängnisses, die meisten von ihnen Schiiten. Die Terroristen hätten ihre Opfer in einer Schlucht zusammengetrieben und erschossen, berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch am Donnerstag unter Berufung auf Überlebende.