Letzte Runde im Atompoker mit dem Iran
Wien (dpa) - Kurz vor Ablauf der Verhandlungsfrist im Atomstreit mit dem Iran laufen die diplomatischen Bemühungen für eine Lösung auf Hochtouren. US-Außenminister Kerry traf sich in Wien erneut mit seinem iranischen Amtskollegen Mohammed Dschawad Sarif und der EU-Chefunterhändlerin Ashton.
Diese Gespräche seien gut verlaufen, hieß es aus Delegationskreisen. Aber es sei noch zu früh, daraus Schlüsse für den weiteren Verlauf zu ziehen. Überraschend hatte sich Kerry am Sonntag am Wiener Flughafen noch mit dem Außenminister Saudi-Arabiens, Saud al-Faisal, getroffen.
Die Verhandlungen sollen bis Montag um Mitternacht beendet werden. Bis dahin werden alle Außenminister der sieben beteiligten Länder in Wien erwartet. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sollte am Sonntagabend dort eintreffen.
Die fünf UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich) sowie Deutschland (5+1) wollen Gewissheit, dass der Iran keine Atombombe baut. Teheran möchte, dass der Westen die Wirtschaftssanktionen gegen das Land aufhebt.
Der Ausgang der Verhandlungen ist nach den Worten von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) „völlig offen“. Der Iran müsse erkennen, dass es „keinen Weg und keinen Rückweg zu einer atomaren Bewaffnung“ des Landes geben dürfe, sagte Steinmeier am Samstag bei seiner Ankunft in Wien. „Dies sind die Stunden der Wahrheit“, sagte der SPD-Politiker an die Adresse Teherans. Steinmeier traf sich am Sonntag erneut mit US-Außenminister Kerry. Für den Abend war ein Arbeitsessen innerhalb der 5+1-Gruppe geplant.
Aus Sicht des Irans ist eine Einigung auf ein umfassendes Abkommen zwar schwierig, aber ein Dokument über eine allgemeine Verständigung sei weiterhin möglich. Diese würde auch wesentliche Knackpunkte wie die Dimension der Urananreicherung, die Zahl der Zentrifugen, die Laufzeit und auch die Frage der Sanktionen beinhalten, hieß es aus Delegationskreisen. Details müssten dann noch im Expertenkreis weiterverhandelt werden.
Angesichts der konstruktiven Atmosphäre der Verhandlungen in Wien sei die Chance für eine Lösung des Atomstreits mit dem Iran besser denn je, sagte Steinmeier. „Wir waren nie näher als im Augenblick.“ Allerdings gebe es noch erhebliche Differenzen.
US-Präsident Barack Obama zeigte sich in Washington zuversichtlich, dass ein etwaiges Abkommen auch die heimischen Skeptiker überzeugen könnte. Wichtig sei, dass alle technischen und politischen Maßnahmen eines Vertrages sicherstellten, dass der Iran keinen Weg zur Atombombe mehr hätte, sagte Obama der TV-Sender ABC. „Dann bin ich zuversichtlich, dass ich den Deal dem Land verkaufen kann.“
Israel verfolgt die Verhandlungen mit wachsender Sorge. „Kein Abkommen ist besser als ein schlechtes Abkommen“, sagte Premierminister Benjamin Netanjahu am Sonntag in Jerusalem.
Die Unterhändler der 5+1-Gruppe haben bis Montag Zeit, mit dem Iran einen Vertrag auszuhandeln. Angestrebt wird eine umfassende Lösung. Angesichts der noch bestehenden Differenzen gilt nun ein Zwischenabkommen als wahrscheinlich. Ein Scheitern wollen alle Delegationen mit aller Macht vermeiden.