Todesangst Libanons Premier Hariri tritt wegen Iran und Hisbollah ab
Beirut (dpa) - Der libanesische Ministerpräsident Saad Hariri ist aus Angst um sein Leben überraschend zurückgetreten. In einer TV-Ansprache kritisierte der 47-Jährige die einflussreiche Schiitenmiliz Hisbollah sowie deren Schutzmacht Iran.
Er fürchte, Opfer eines Anschlages zu werden, fügte Hariri hinzu. „Ich habe gefühlt, was heimlich ausgeheckt wird, um auf mein Leben zu zielen“, sagte er während der Fernsehansprache.
Der arabische Fersensehsender Al-Arabija berichtete am Samstag unter Berufung auf ungenannte Quellen, dass der Regierungschef in den vergangenen Tagen bereits einem Anschlag in Beirut entgangen sei.
Der Libanon befindet sich in einer ähnlichen Situation wie 2005, als Hariris Vater, der ehemalige Ministerpräsident, Geschäftsmann und Multimillionär Rafik Hariri, bei einem Bombenattentat in Beirut getötet worden war. Verdächtigt werden der syrische Geheimdienst und die Hisbollah.
Der Regierungschef attackierte die Hisbollah sowie deren Schutzmacht Iran und warf ihnen vor, Unruhen in der Region zu schüren: „Die Hisbollah ist der Arm des Irans, nicht nur im Libanon, sondern auch in anderen arabischen Ländern“. Der Iran und seine Gefolgsleute seien Verlierer. Die Hände, die arabischen Ländern schadeten, würden abgeschnitten, drohte Hariri.
Er will nach Angaben aus seinem Umfeld vorerst nicht in sein Heimatland zurückkehren. „Die Sicherheitslage ist einer der Hauptgründe, die den Premier bis auf Weiteres vom Libanon fernhalten werden“, sagte eine dem Ex-Premier nahestehende Quelle der Deutschen Presse-Agentur. Hariri werde nun erst einmal in andere arabische Länder reisen, um dort die Situation im Libanon zu besprechen.
Der Iran hat die Vorwürfe Hariris gegen den Gottesstaat vehement zurückgewiesen. „Solche Unterstellungen, die zuvor auch von den USA, von Zionisten (Israel) und Saudis gegen den Iran gemacht worden sind, führen nur zu weiteren Spannungen“, sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi. Die Region brauche weniger solche „grundlosen Szenarien“ und mehr konstruktive Zusammenarbeit, um die Terrormiliz Islamischer Staat endgültig zu besiegen, sagte Ghassemi.
Der Iran habe sich nie in die inneren Angelegenheiten Libanons eingemischt, sagte der Sprecher weiter. Teheran habe sich stets für Frieden und Stabilität im Libanon eingesetzt, immer dessen Unabhängigkeit respektiert und sei weiterhin an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit Beirut interessiert. Daher seien sowohl der Rücktritt als auch die Aussagen Hariris bedauerlich, betonte Ghassemi.
Der staatlichen Nachrichtenagentur NNA zufolge hielt Hariri seine Rücktrittsansprache nicht in Beirut, sondern bei einem Besuch in Saudi-Arabien. Hariri steht Riad nahe, das wiederum mit dem Iran verfeindet ist.
Er gilt als einer der einflussreichsten Sunniten im gespaltenen Libanon und scharfer Gegner der Hisbollah. Die libanesische Schiitenmiliz kämpft unter anderem zusammen mit Teheran aufseiten von Präsident Baschar al-Assad im Nachbarland Syrien.
Seit Ende vergangenen Jahres war Hariri der Regierungschef einer breiten Koalition in dem Land am Mittelmeer. In dem Kabinett ist auch die Hisbollah vertreten. Hariri war zwischen 2009 und 2011 schon einmal Ministerpräsident.
Die radikalislamische Hisbollah (Partei Gottes) entstand 1982 mit iranischer Unterstützung als Antwort auf die israelische Invasion im Libanon. Seitdem kämpft sie politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel und für die Errichtung einer „Herrschaft des Islams“.
Die schiitische Partei gilt mittlerweile als eine der stärksten politischen Kräfte im multikonfessionellen Libanon - auch Präsident Michel Aoun ist eng mit der Organisation verbandelt. Die Finanzierung soll hauptsächlich aus Teheran kommen.
Frankreich hat mittlerweile die Verantwortlichen im Libanon zur Kompromissbereitschaft aufgerufen. Es sei „im Interesse aller“, dass der Libanon nicht in eine neue Phase der Instabilität gerate, teilte die Sprecherin des französischen Außenministeriums am Samstag in Paris mit. Frankreich hat als frühere Mandatsmacht besonders enge Beziehungen zu Beirut.