Neue Vorwürfe Sexuelle Belästigung: Skandal im britischen Parlament

London (dpa) - Der Skandal im britischen Parlament um sexuelle Belästigung weitet sich nach dem Rücktritt des konservativen Verteidigungsministers Michael Fallon weiter aus.

Foto: dpa

Der 65-Jährige war am Mittwoch zurückgetreten, nachdem Vorwürfe öffentlich geworden waren, er habe einer Journalistin im Jahr 2002 die Hand aufs Knie gelegt.

Die britische Premierministerin Theresa May stellte am Freitagabend einen überarbeiteten Verhaltenskodex für konservative Politiker vor. Unter anderem soll eine Beschwerde-Hotline Opfern von sexuellen Übergriffen eine Anlaufstelle bieten.

In einem Brief an Parlamentssprecher John Bercow forderte die Premierministerin gleichzeitig parteiübergreifende Mechanismen, um Belästigungsvorwürfen nachzugehen. Am kommenden Montag will sie mit den Chefs der anderen Parteien im britischen Parlament über Konsequenzen aus dem Skandal beraten.

Beim Rücktritt von Verteidigungsminister Fallon sollen britischen Zeitungsberichten zufolge auch anzügliche Bemerkungen gegenüber seiner Parteifreundin Andrea Leadsom eine Rolle gespielt haben. Fallon soll die Vorwürfe zurückgewiesen haben, wie die BBC berichtete. Aus Regierungskreisen hieß es, Leadsom, die inzwischen Fraktionschefin der Konservativen ist, habe nicht um Fallons Entlassung gebeten.

Wie britische Medien am Freitagabend berichteten, wurde der konservative Abgeordnete für Dover, Charlie Elphicke, wegen „schwerer Vorwürfe“ vorläufig aus der Partei ausgeschlossen. Auch die Polizei sei in dem Fall eingeschaltet worden. Elphicke setzte sich per Kurznachrichtendienst Twitter zur Wehr. „Die Partei hat die Presse informiert, bevor mir mein vorübergehender Ausschluss mitgeteilt wurde. Ich weiß nicht, was die angeblichen Vorwürfe beinhalten und streite jegliches Fehlverhalten ab“, schrieb Elphicke.

Auch ein Parlamentarier der Labour-Partei wurde am Donnerstag vorläufig von der Partei ausgeschlossen. Er soll sich einer Parteikollegin gegenüber „unangemessen“ verhalten und anzügliche Text-Nachrichten geschickt haben. Kritik wurde auch an Labour-Chef Jeremy Corbyn laut, der den beschuldigten Abgeordneten noch nach Bekanntwerden der Vorwürfe in seine Schattenregierung berufen hatte.

Fast täglich werden neue Vorwürfe bekannt. In der konservativen Fraktion des Unterhauses zirkuliert laut britischen Medien eine Liste mit etwa 40 Abgeordneten, denen „unangemessenes Verhalten“ vorgeworfen wird. Dazu soll auch Mays Kabinettschef Damian Green (61) gehören. Er soll einer Journalistin während eines Pub-Besuchs ans Knie gefasst und ihr später eine anzügliche Nachricht geschickt haben. Green streitet das vehement ab. Ein Staatssekretär soll seine Assistentin beauftragt haben, Sex-Spielzeug für ihn zu kaufen.

Ausgelöst wurde die Debatte über sexuelle Übergriffe in Großbritannien durch den Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein in den USA.