Luftangriffe bremsen IS in Kobane
Kobane/Washington/Bagdad (dpa) - Neue Luftschläge der internationalen Koalition haben den Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in der umkämpften syrischen Grenzstadt Kobane vorerst gebremst.
Im Irak gingen die Dschihadisten dagegen mit Selbstmordanschlägen in die Offensive, bei denen viele Menschen starben. Dort soll sich am Sonntag auch ein Deutscher in die Luft gesprengt haben.
Die Militärchefs des Bündnisses gegen den IS wollen von Montag an bei einem Treffen auf höchster Ebene in Washington über ihre Strategie in Syrien und im Irak diskutieren. Dazu hat US-Generalstabschef Martin Dempsey mehr als 20 Kollegen eingeladen. Es ist das erste Treffen auf dieser Ebene seit Beginn der Luftschläge im Irak Anfang August.
Idris Nassan, Vize-Sprecher für auswärtige Angelegenheiten im nordsyrischen Kobane, sagte der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag: „Die jüngsten Luftangriffe waren sehr hilfreich.“ Allerdings fehlten den kurdischen Kämpfern, die sich den Dschihadisten seit Wochen entgegenstellen, nach wie vor die nötigen Waffen und Munition.
Die US-Regierung zeigte sich vor dem Treffen der Anti-IS-Koalition erstmals vorsichtig optimistisch über die Lage in Kobane. Bei einem Besuch in der chilenischen Hauptstadt Santiago versicherte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel, die USA würden weiterhin „alles tun, was mit Luftangriffen möglich ist“, um die Dschihadisten aus der Ortschaft in unmittelbarer Nähe zum Nato-Land Türkei zurückzudrängen. „Tatsächlich gibt es da einige Fortschritte“, betonte er. Der Kampf zur Zerstörung der Terrormiliz werde aber lang und schwer. Die Lage in Kobane sei weiterhin „gefährlich“.
Nach Angaben des Kurdenvertreters Nassan konnten kurdische Kämpfer ihre Positionen in der letzten Bastion ihrer einstigen Enklave am Wochenende halten und versuchten, die sunnitischen Extremisten zurückzudrängen. Nachdem IS-Milizionäre die Kurden am Vortag von drei Seiten angegriffen hätten, seien die Attacken am Sonntag weniger heftig gewesen. Ismet Hassan vom Verteidigungsrat in Kobane sagte der dpa, dass die Dschihadisten weiterhin versuchten, ins Stadtzentrum zu gelangen. Vom Grenzübergang zur Türkei - den sie ebenfalls erobern wollten - seien die IS-Kämpfer aber noch ein gutes Stück entfernt.
Augenzeugen berichteten von der türkischen Grenze aus von massiven Rauchsäulen, die nach einem Luftschlag über der Stadt aufstiegen. Das US-Zentralkommando Centcom in Tampa (Florida) teilte mit, dass die USA und ihre Verbündeten mit Bombern und Jagdbombern vier Angriffe in Syrien geflogen hätten, fünf weitere von Flugzeugen und Drohnen im Irak. Dabei seien in Syrien gepanzerte Fahrzeuge zerstört und bei Kobane IS-Stellungen bombardiert worden. An den Angriffen seien Flugzeuge aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten beteiligt gewesen.
Sollte Kobane in die Hände von IS fallen, hätten die sunnitischen Extremisten einen durchgängigen Grenzstreifen von mehr als 200 Kilometern zur Türkei unter ihrer Kontrolle. Die Regierung in Ankara lehnt eine Bodenoffensive gegen den IS im Alleingang jedoch ab. Sie dringt auf eine Strategie, die sich auch gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad richtet.
Im Irak starteten die sunnitischen Extremisten am Wochenende einen neuen Versuch, in Richtung der Hauptstadt Bagdad vorzurücken. Wie das Nachrichtenportal „Sumaria News“ berichtete, zielte die Offensive auf eine Übernahme der strategisch wichtigen Stadt Amirijat al-Falludscha ab. Irakische Streitkräfte und Stammeskrieger hätten die Terrormiliz jedoch zurückschlagen können.
Am Sonntag verübten Dschihadisten unter anderem drei Bombenanschläge im der Provinz Dijala, an denen auch ein deutscher Islamist beteiligt gewesen sein soll. Die Terror-Expertenplattform SITE berichtete auf ihrer Internetseite, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) habe sich zu den Sprengstoffattacken in der nordöstlichen Region Kara Tepe bekannt. Laut IS seien die Selbstmordattentäter ein Deutscher, ein Türke und ein Saudi gewesen. Die kurdische Gorran-Partei meldete über den Kurznachrichtendienst Twitter, es habe sich um einen Deutschen, einen Türken und einen Tunesier gehandelt.
Bei den Anschlägen auf ein lokales Regierungsgebäude, einen Stützpunkt kurdischer Sicherheitskräfte und ein kurdisches Parteibüro wurden nach kurdischen Angaben neben den drei Attentätern mindestens 14 Menschen getötet. In der westlichen Provinz Al-Anbar starb laut irakischem Innenministerium ein hochrangiger Polizeifunktionär bei einem Anschlag auf seinen Konvoi.
Auch in der irakischen Hauptstadt selbst starben am Samstag bei zwei Anschlägen mindestens 23 Menschen. Dutzende seien verletzt worden, meldete die Nachrichtenagentur INA unter Berufung auf Armeeangaben. Die Attentate zielten auf Viertel ab, die von Schiiten bewohnt werden.