Lukaschenko erklärt Anschlag in Minsk für „aufgeklärt“
Minsk (dpa) - Der Bombenanschlag in der Minsker Metro mit zwölf Toten ist nach Angaben des weißrussischen Staatschefs Alexander Lukaschenko aufgeklärt. Der Präsident, der als „letzter Diktator Europas“ gilt, präsentierte die Nachricht am Tag der Staatstrauer im Fernsehen.
Drei Verdächtige hätten Geständnisse abgelegt, sagte Innenminister Anatoli Kuleschow. In weißrussischen Gefängnissen werden belastende Aussagen nach Angaben von Menschenrechtlern oft mit Folter erzwungen. „Die Täter sollten die strengste Strafe bekommen“, forderte Lukaschenko. Weißrussland ist das einzige Land Europas, das die Todesstrafe vollstreckt - per Genickschuss.
Nun sollten die Behörden „ohne Rücksicht auf irgendeine Demokratie oder das Heulen und Stöhnen der ausländischen Sympathisanten“ auch verschiedene Regimegegner unter die Lupe nehmen, befahl Lukaschenko. Mehrere Oppositionelle wurden im Zusammenhang mit der Bluttat zu Verhören beim Geheimdienst KGB zitiert. „Möglicherweise decken diese Angehörigen der 'fünften Kolonne' ihre Karten auf und nennen die Hintermänner dieser Tat“, sagte der Präsident.
Prowestliche Regierungsgegner hatten direkt nach dem Attentat gewarnt, der Präsident werde nun die Daumenschrauben noch stärker anziehen. Seit den gefälschten Präsidentenwahlen im Dezember 2010 sitzen zahlreiche Regierungsgegner im Gefängnis. Das Regime hatte Proteste in den vergangenen Jahren immer wieder brutal zusammenschlagen lassen sowie kritische Internetseiten gesperrt und willkürlich Wohnungen durchsucht. Herausforderer Lukaschenkos wurden festgenommen, stehen unter Hausarrest oder flohen ins Ausland.
Das Beweismaterial gegen die Festgenommenen sei „erdrückend“, behauptete Lukaschenko. Er sprach von „Bergen von Audio- und Videomaterial“. Die Verdächtigen hätten sich auch zu früheren Anschlägen in der Ex-Sowjetrepublik bekannt, sagte der Präsident. Darunter seien ein Bombenattentat am Tag der Unabhängigkeit im Juli 2008 mit 50 Verletzten in Minsk sowie ein Anschlag in der Stadt Witebsk 2005. „Heute Morgen um 5 Uhr haben sie ein Geständnis abgelegt“, sagte Lukaschenko. Weißrussland gilt nicht als Ziel von Terroristen.
Bei dem Anschlag in der zentralen Haltestelle Oktjabrskaja waren am Montag auch etwa 190 Menschen verletzt worden. An öffentlichen Gebäuden wurden am Mittwoch Fahnen auf Halbmast gesenkt; größere Veranstaltungen und Feiern wurden abgesagt.
Die verdächtigen Männer stammen nach Angaben von Innenminister Kuleschow nicht aus Minsk, sind aber Weißrussen. Sie sollen etwa 30 Jahre alt sein. Mindestens einer von ihnen wurde aufgrund von Videobildern aus der Metrostation festgenommen. Er habe dort eine schwarze Tasche abgestellt und danach in einiger Entfernung in seiner Jacke herumgekramt, sagte Vize-Generalstaatsanwalt Andrej Schwed.
„Diese Schufte sind normalen Arbeiten in einem Kollektiv nachgegangen, einer als Dreher, der andere als Elektriker“, sagte Lukaschenko über die angeblichen Täter. Der seit 1994 regierende Staatschef rückte die Männer in die Nähe von Geistesgestörten. „Mir ist nicht klar, wie man die Abnormalitäten dieser Schufte nicht sehen konnte“, sagte Lukaschenko. „Wir wissen, wer sie sind, aber wir wissen noch nicht, warum sie es getan haben. Aber wir werden es bald wissen.“ Die Verdächtigen seien am Vorabend „ohne Lärm, Schüsse und Getöse“ festgenommen worden.
Der Präsident warnte vor Panikmache im Land. Wer Gerüchte über Lebensmittel- oder Devisenknappheit in Umlauf bringe, müsse wegen dieser „Verleumdung“ mit Strafe rechnen. Weißrussland steht vor dem Staatsbankrott. Politische Reformen im Gegenzug für Hilfe aus dem Westen lehnt Lukaschenko ab. Er hofft auf Milliardenhilfen anderer ehemaliger Sowjetrepubliken.