Syrien und Ukraine Merkel und Hollande ringen mit Putin um Frieden
Berlin (dpa) - Erstmals seit vier Jahren hat Kanzlerin Angela Merkel den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Berlin empfangen, um Bewegung in die Syrien-Krise und den Ukraine-Konflikt zu bringen.
Gemeinsam mit Frankreichs Präsident François Hollande will Merkel im Kanzleramt unter anderem eine Verlängerung der Waffenruhe in der nordsyrischen Stadt Aleppo erreichen.
Vor dem Gespräch mit Putin über Syrien versuchte die Runde erstmals seit einem Jahr gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, den seit langem stockenden Friedensprozess in der Ost-Ukraine wieder in Gang zu bringen.
Merkel hatte Erwartungen an konkrete Ergebnisse der Gespräche gedämpft. Die Kanzlerin empfing Poroschenko lächelnd, von Hollande wurde sie mit Wangenküsschen begrüßt. Putins Ankunft verzögerte sich um etwa eine halbe Stunde. Beide gaben sich mit zurückhaltendem Lächeln die Hand. Vor dem Kanzleramt protestierten Menschenrechtler mit rund 100 Teddybären, die rotgetränkte Verbände trugen, gegen das Sterben der Kinder in Aleppo. Bei einer Protestaktion wurden ukrainische Flaggen geschwenkt.
Hollande hatte unmittelbar vor seiner Reise nach Berlin nach einem Treffen mit dem Chef der Zivilschutzorganisation Weißhelme, Raed al-Saleh, in Paris gesagt, er werde sich mit Merkel für eine Verlängerung der Waffenruhe in Aleppo einsetzen. Laut Élyséepalast ist es Ziel, einen „humanitären Zugang“ zur Stadt zur schaffen.
Russland hatte vor dem Treffen in Berlin den zweiten Tag infolge auf Bombardements in Aleppo verzichtet. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und Aktivisten aus Aleppos Rebellengebieten meldeten lediglich Kämpfe an der Front. Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, wertete die Feuerpause als Einlenken Moskaus. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte aber, dass das nicht ausreicht: „Wir brauchen möglichst in ganz Syrien eine nachhaltige Waffenruhe.“
Russland rief alle Konfliktparteien auf, die Kämpfe einzustellen. „Ich schließe aus, dass wir die humanitäre Pause zusammen mit der syrischen Regierung einseitig verlängern können“, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erwartete von dem Gipfel nur kleine Fortschritte. Es gehe darum, den vereinbarten Waffenstillstand für die Ukraine sicherer und stabiler zu machen. „Manchmal liegt ein Erfolg schon darin, keine Eskalation zustande kommen zu lassen.“ Zugleich sprach er sich gegen mehr Sanktionen gegen Russland wegen des Syrien-Krieges aus. Andernfalls hätte es aus seiner Sicht keine Waffenpause gegeben, die den Menschen zumindest eine kleine Atempause verschaffe.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, vor allem beim Thema Syrien seien keine konkreten Ergebnisse zu erwarten. Es gehe aber darum, „dass diese Zustände und die Verantwortlichkeiten dafür klar beim Namen genannt werden“. Russland wird für die Bombardements von Hilfskonvois und Krankenhäusern mitverantwortlich gemacht und muss sich schwere Vorwürfe bis hin zu Kriegsverbrechen gefallen lassen.
Erler wertete den Stopp der Bombardements auf Aleppo als Bestätigung dafür, dass weitere Sanktionen gegen Russland unangebracht wären. Die breite internationale Kritik an Russland habe zu der Einstellung der Angriffe beigetragen, sagte er der dpa. „Meines Erachtens ist damit zumindest vorläufig das Thema Sanktionen im Zusammenhang mit Syrien vom Tisch“, sagte Erler. Damit widersprach er Merkel (CDU), die alle Optionen auf dem Tisch halten will.
Der Kreml erwartete von den Gesprächen über die Ost-Ukraine nicht mehr als eine konstruktive Analyse der Lage. „Das Ziel ist, zu schauen, wo wir stehen, und festzustellen, was uns an der Umsetzung des Minsker Abkommens hindert“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. „Einen Durchbruch erwarten wir nicht.“
Putin war zuletzt 2013 zur Hannover Messe in Deutschland. Der jüngste Berlin-Besuch liegt sogar vier Jahre zurück. Die Annexion der Krim durch Russland 2014 und Moskaus Unterstützung der Separatisten im Bürgerkrieg in der Ost-Ukraine führten anschließend zu einer Eiszeit in den Beziehungen zum Westen.