Millionen Algerier wählen Präsidenten

Algier (dpa) - Algerien gibt sich gerne als Stabilitätsanker in der von Unruhen erschütterten arabischen Welt. Als Vorbild gilt die Präsidentenwahl trotzdem nicht. Der gesundheitlich angeschlagene Amtsinhaber muss im Rollstuhl wählen.

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Trotz Boykottaufrufen der Opposition haben sich in Algerien nach offiziellen Angaben Millionen Menschen an der Präsidentenwahl beteiligt. Der von starken Sicherheitsvorkehrungen begleitete Urnengang verlief bis zum Donnerstagabend in den meisten Regionen des öl- und gasreichen Landes an der afrikanischen Mittelmeerküste ruhig. Lediglich in der von Berbern bewohnten Kabylei kam es zu Ausschreitungen zwischen randalierenden Regierungsgegnern und der Polizei. Nach lokalen Medienberichten wurden dabei mehrere Dutzend Menschen verletzt. Das Ergebnis der Abstimmung sollte an diesem Freitag vorliegen.

Als großer Favorit unter den sechs Kandidaten galt trotz seiner Abwesenheit im Wahlkampf der gesundheitlich angeschlagene Amtsinhaber Abdelaziz Bouteflika. Der 77-Jährige ist nach einem Schlaganfall im vergangenen Jahr kaum noch in der Lage, öffentlich aufzutreten, und musste seine eigene Stimme am Donnerstag im Rollstuhl abgeben.

Anhänger verehren Bouteflika dennoch als Garanten für Stabilität und Unabhängigkeit. Er führt den größten afrikanischen Flächenstaat bereits seit 1999. Auf dem Weg ins Wahllokal winkte der 77-Jährige lächelnd Anhängern zu und schüttelte Hände.

Mehrere Parteien hatten wegen der erneuten Kandidatur Bouteflikas zu einem Boykott des Urnengangs aufgerufen. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, Teil eines korrupten Staatsapparates zu sein, der auch vor Wahlfälschung nicht haltmache.

Nach Zwischenergebnissen des Innenministeriums gaben bis zum frühen Nachmittag rund 23 Prozent der rund 23 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. 2009 hatte die offizielle Wahlbeteiligung am Ende bei 75 Prozent gelegen. Die Wahllokale in den meisten Regionen sollten am Donnerstag um 20.00 Uhr (MESZ) schließen.

Von den fünf Gegenkandidaten des amtierenden Staatschefs wurden bei der Wahl allenfalls dem früheren Ministerpräsidenten Ali Benflis (69) Außenseiterchancen eingeräumt. Die einzige Frau im Rennen, die Vorsitzende der Arbeiterpartei, Louisa Hanoune, war bereits bei den vorangegangenen Wahlen 2004 und 2009 nicht über ein einstelliges Ergebnis hinausgekommen.

Bouteflika selbst ist Mitglied der früheren Einheitspartei Nationale Befreiungsfront (FLN). Er hatte 2008 über eine Verfassungsänderung den Weg zu einer möglicherweise lebenslangen Amtszeit des Präsidenten freigemacht. Ursprünglich war diese auf maximal zehn Jahre begrenzt gewesen.

Als Hintergrund von Bouteflikas langer Herrschaft gelten vor allem seine Erfolge als Aussöhner sowie die Angst des Volkes vor Chaos und Gewalt. Als der ehrgeizige Politiker 1999 an die Macht kam, hatte Algerien einen Bürgerkrieg mit Islamisten mit schätzungsweise 150 000 Toten hinter sich. Bouteflika setzte sich für ein Friedensabkommen mit den Islamisten sowie eine Amnestie für Tausende Kämpfer ein. Auf diese Weise gelang es ihm, den Terror einzudämmen und das Land vorsichtig zu modernisieren.

Im Gegensatz zu seinen langjährigen Amtskollegen aus Libyen, Tunesien und Ägypten überstand Bouteflika die Revolutionswelle in der Region nahezu unbeschadet. Der Arabische Frühling begann nach der Präsidentenwahl 2009. Damals hatte Bouteflika nach offiziellen Angaben bei einer Wahlbeteiligung von rund 75 Prozent 90 Prozent der gültigen Stimmen erhalten.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International werfen dem autoritären Regime seit langem die Missachtung der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit vor. In der Hauptstadt Algier sind beispielsweise seit 2001 Protestaktionen unter freiem Himmel verboten. Damals hatte es bei Demonstrationen gegen die Regierung Bouteflikas Tote und Verletzte gegeben.