Mord an Karsai-Bruder erschüttert Afghanistan

Kabul (dpa) - Der jüngere Bruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai ist bei einem Attentat getötet worden. Ahmad Wali Karsai wurde am Dienstag in seinem Haus in der Stadt Kandahar im Süden des Landes von einem seiner Leibwächter angeschossen, wie die Provinzregierung von Kandahar mitteilte.

Wenig später sei der einflussreiche Regionalpolitiker und Vorsitzende des Provinzrats auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Die radikal-islamischen Taliban bekannten sich zu der Tat.

Staatschef Karsai zeigte sich bestürzt über den Tod seines Bruders. „So ist das Leben des afghanischen Volkes. Jeder von uns leidet, und wir hoffen, dieses Leid (...) beenden zu können“, sagte er in Kabul bei einer Pressekonferenz mit seinem französischen Amtskollegen Nikolas Sarkozy, der sich am Dienstag zu einem Kurzbesuch am Hindukusch aufhielt.

Dabei bestätigte Sarkozy den Abzug von bis zu 1000 französischen Soldaten aus Afghanistan bis Ende 2012. „Man muss einen Krieg auch beenden können“, sagte er vor Journalisten nach einem Bericht auf figaro.fr. Frankreich sei niemals davon ausgegangen, seine Soldaten dauerhaft in Afghanistan einzusetzen. Derzeit sind rund 4000 Franzosen im Land stationiert.

Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, der Leibwächter sei ein „Schläfer“ der Aufständischen gewesen und habe Karsai getötet. Der Gouverneur von Kandahar, Toryalai Weesa, sagte, der Täter sei für die Sicherheit im Privathaus Karsais zuständig gewesen. Die Familie habe ihm vertraut. Die Polizei leitete die Fahndung nach den Hintermännern der Tat ein. Der scheidende Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf, US-General David Petraeus, verurteilte die Tat scharf.

Außenminister Guido Westerwelle sagte vor Beginn einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York: „Es gibt immer wieder Versuche, mit Terroranschlägen den Prozess der Übergabe der Verantwortung verhindern zu wollen.“ Die Staatengemeinschaft werde dieser Gewalt aber nicht nachgeben. Deutschland will gegen Ende des Jahres mit dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan beginnen.

Hamid und Ahmad Wali Karsai sind Halbbrüder. Sie haben denselben Vater, aber verschiedene Mütter. Das islamische Recht erlaubt es einem Mann, mehrere Ehefrauen zu haben. Daher sprach der Präsident auch in der Öffentlichkeit stets von seinem jüngeren Bruder.

Dem 50-Jährigen wurde immer wieder eine Verwicklung in den Drogenhandel vorgeworfen, was er und der Präsident aber stets dementierten. Bereits in der Vergangenheit waren mehrfach Anschläge auf den Paschtunen verübt worden. Zuletzt hatte er im Mai 2009 einen Angriff der Taliban auf seinen Fahrzeugkonvoi überlebt.

Der tödliche Anschlag auf Karsai am Dienstag ist einer von mehreren gezielten Angriffen der Aufständischen auf hochrangige Vertreter von Regierung und Sicherheitskräften in den vergangenen Wochen. So starb im April der Polizeichef von Kandahar bei einem Selbstmordanschlag. Ende Mai wurde in der Stadt Talokan der Polizeichef für Nordafghanistan getötet. Bei diesem Anschlag war auch Bundeswehr-Kommandeur Generalmajor Markus Kneip verletzt worden.