Moskauer Einreiseverbot für CDU-Politiker verärgert Berlin
Berlin/Moskau (dpa) - Ein langfristiges Einreiseverbot Russlands für den CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann hat zu erheblicher diplomatischer Verstimmung zwischen Berlin und Moskau geführt.
Die Maßnahme sei „unverständlich und inakzeptabel“, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts (AA) am Montag in Berlin. „Die Bundesregierung erwartet die Aufhebung der Einreiseverweigerung.“ Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert reagierte nach Angaben seines Büros mit Unverständnis und Enttäuschung auf die Nachricht aus Moskau.
Wellmann ist Chef der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe und Russland-Berichterstatter der Unionsfraktion im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages. Angesichts der Kämpfe in der Ostukraine hatte er sich oft sehr kritisch über Russland geäußert, etwa Mitte Februar im ZDF: „Es ist ein russischer Krieg, der dort geführt wird. Die Separatisten sind Werkzeuge der Russen.“ Es gebe in der Ostukraine einen „permanenten Zufluss von Munition, von Waffen, von Kämpfern, von Logistik aus Russland“, sagte Wellmann.
Aus dem AA hieß es am Montag, der deutsche Botschafter Rüdiger Freiherr von Fritsch sei „in der Sache unverzüglich im russischen Außenministerium vorstellig geworden“. Die Bundesregierung habe „in Moskau wie auch gegenüber der russischen Botschaft in Berlin gegen die Einreiseverweigerung protestiert“. Auch das Kanzleramt sei involviert, sagte Wellmann zu „Focus Online“.
Wie er dem „Berliner Kurier“ schilderte, wurde ihm nach seiner Landung auf dem Flughafen Moskau-Scheremetjewo mitgeteilt, dass er ein Einreiseverbot bis 2019 erhalte. Er wurde aufgefordert, den nächsten Flug zurück nach Deutschland zu nehmen, und verbrachte die Nacht im Airport-Transitraum.
„Ich habe kein Verständnis und keine Erklärung für dieses Vorgehen“, sagte Wellmann dem „Kurier“. „Ich hatte eine hochrangige Einladung und war in Moskau zu Gesprächen verabredet, bei denen es um die Zukunft der Ukraine - gerade ausdrücklich unter Einbeziehung der Russen - gehen sollte.“ So wollte er mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat zusammentreffen.
„Wir vermuten, dass es eine Gegensanktionsliste auf russischer Seite zu den Sanktionen der EU gibt“, sagte Wellmann zu „Focus Online“. „Und auf dieser bin ich als Berichterstatter meiner Fraktion für Russland wohl gelandet. Weil diese Liste nicht öffentlich ist, merkt man erst in der Einreisehalle, dass man darauf steht.“ Dem Vernehmen nach sind der Bundesregierung aber keine Listen mit Personen bekannt, denen die Einreise nach Russland untersagt wäre.
Auf einer EU-Sanktionsliste im Zusammenhang mit der Krim- und der Ukraine-Krise stehen vor allem russische Unternehmer. Im Gegenzug wurde die deutsche Grünen-Europapolitikerin Rebecca Harms im September an der Einreise nach Russland gehindert. Der im Vorjahr gestorbene CDU-Politiker Andreas Schockenhoff war als Koordinator für die Zusammenarbeit mit Russland wegen scharfer Kritik an Moskau in Ungnade gefallen. Zuletzt hatte Moskau gegen das Einreiseverbot für die kremlnahe Rockergruppe „Nachtwölfe“ protestiert.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, sagte zum Fall Wellmann: „Russische und deutsche Abgeordnete müssen sich sowohl in Brüssel, Berlin oder Moskau treffen und unterhalten können. Einreiseverbote sind kontraproduktiv.“