Napolitano strebt große Koalition für Italien an
Rom (dpa) - Der wiedergewählte italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano hat sein zweites Mandat angetreten und geht sofort die schwierige Regierungsbildung in Rom an.
Napolitano (87) wurde am Montag in einer feierlichen Zeremonie vor dem versammelten Parlament vereidigt. In der Krise sei es jetzt Zeit für viele Reformen, die zu lange wegen des Taktierens und des Egoismus der Parteien ausgeblieben seien, sagte Napolitano in einer Ansprache. Das Land brauche bald eine große Koalition linker und rechter Kräfte. Er appellierte an das Verantwortungsbewusstsein aller, Antworten auf die Probleme zu geben.
Sichtlich emotional aufgewühlt verlangte Napolitano einen konstruktiven Wandel. Es sei dringend, die tiefe Rezession anzugehen, Arbeitsplätze zu schaffen und ein besseres Wahlgesetz zu erreichen,
sagte Napolitano. Es sei unverzeihlich, dass das noch nicht geschehen sei. Er schätze das Engagement der Protestbewegung „Fünf Sterne“ (M5S), doch auch sie sei den demokratischen Gepflogenheiten des Parlaments verpflichtet.
Nach Konsultationen mit den großen Parteien am Dienstag könnte Napolitano bereits am Mittwoch einen Politiker mit der Bildung einer Regierung beauftragen. Seit den Parlamentswahlen vor zwei Monaten ist Italien ohne neue Regierung. Napolitano war am Samstag als erster Staatschef für eine zweite siebenjährige Amtszeit gewählt worden.
Auf seinen Wunsch hin fiel die Zeremonie nüchterner als üblich aus.
Schon vor der Vereidigung Napolitanos war die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Regierungskrise gewachsen. Am Dienstag startet der Präsident die Konsultationen. Als möglicher Regierungschef des auch in einer tiefen Wirtschaftskrise steckenden Euro-Sorgenkindes wird der international bekannte frühere Sozialist und Ex-Ministerpräsident Giuliano Amato genannt. Stunden vor der Vereidigung war Napolitano, dessen erste Amtszeit erst am 15. Mai geendet hätte, zurückgetreten.
Napolitano hatte sich am Samstag unter dem Druck der großen Parteien - nach fünf erfolglosen Wahlrunden mit anderen Kandidaten - für eine Wiederwahl zum Staatschef bereiterklärt. Er bekam dann im sechsten Wahlgang eine satte Mehrheit und sieht es jetzt als sein vordringlichstes Ziel an, für eine stabile Regierung zu sorgen.
Der inzwischen zurückgetretene Pier Luigi Bersani von der linken Demokratischen Partei (PD) hatte sich trotz eines Wahlsieges Ende Februar keine Regierungsmehrheit sichern können. Seine Kandidaten für das Amt des Staatschefs fielen durch. Das Parlament ist durch ein Patt blockiert. Napolitano könnte eine zeitlich begrenzte „Regierung des Präsidenten“ mit gezielten Reformaufträgen antreten lassen.