Narendra Modi: Der neue starke Mann spaltet Indien

Auf dem künftigen Premier Narendra Modi ruhen viele Hoffnungen. Er gilt aber auch als intolerant und autoritär.

Narendra Modi ist künftige indische Ministerpräsident. Er gehört der hindu-nationalistischen Partei BJP an.

Foto: AMIT DAVE

Neu Delhi. Indien ist zwar ein aufstrebendes Schwellenland — doch das reicht den Indern nicht. Denn kaum jemand auf dem riesigen Subkontinent hat den ganzen Tag Strom, die Straßen sind löchrig, Brunnen oft trocken und Jobs in der Industrie Mangelware. Ein Fünftel der 1,2 Milliarden Bürger lebt unter der absoluten Armutsgrenze, muss also auf dem Land mit umgerechnet weniger als 34 Cent am Tag auskommen. Dafür machen die meisten Inder die Kongresspartei verantwortlich, die Indien fast ununterbrochen seit der Unabhängigkeit regiert hat. Sie haben nun genug und deswegen den Wandel gewählt.

Der Wandel wird personifiziert durch Narendra Modi, dem Spitzenkandidaten der hindu-nationalistischen Partei BJP, die die Parlamentswahl gewann und die absolute Mehrheit errang. Zahlreiche Wähler waren zur Stimmabgabe für Modi bereit, obwohl kein anderer Politiker Indien so spaltet wie der Mann, der sich anschickt, der nächste Premierminister des Milliardenlandes zu werden.

Seine Anhänger sehen in dem 63-Jährigen einen effektiven Verwalter, der als Regierungschef in seinem Heimatstaat Gujarat die grassierende Korruption in den Griff bekommen und Investoren angelockt hat. Modis Gegner jedoch sehen in ihm einen intoleranten, autoritären Machtmenschen.

Besonders die Muslime in Indien, die rund 15 Prozent der Bevölkerung ausmachen, zittern vor dem Hindu-Nationalisten. Unter seiner Regierung metzelten Hindu-Mobs mehr als 1000 Muslime nieder, vergewaltigten, verstümmelten und verbrannten sie. Politische Studien bewerten die Unruhen als „Pogrome“, weil sie staatlich gelenkt worden seien.

Gewählt wurde Modi unter anderem von zahlreichen jungen Indern — das Durchschnittsalter im Land liegt bei nur 27 Jahren. Sie hoffen, dass Modi die dringend benötigten Jobs in der Industrie schafft.

Viele erwarten, dass mit Modi an der Spitze das zuletzt eingebrochene Wirtschaftswachstum wieder Fahrt aufnimmt. „Der Verdienst des Modi-Sieges gilt eigentlich der Kongresspartei, denn im ganzen Land gibt es eine tiefe Abneigung dagegen, wie sie das Land regiert hat, vor allem in den vergangenen drei Jahren“, sagt der Politikjournalist Vinod Mehta. Da erlebte Indien katastrophal schlecht organisierte Commonwealth-Spiele, eine Finanzkrise und mehrere milliardenschwere Korruptionsskandale auf höchster Ebene.