Nato in Libyen-Frage uneins - aber Gaddafi soll weg
Brüssel (dpa) - Nur eine Minderheit der 28 Nato-Staaten kämpft in Libyen gegen die Truppen von Muammar al-Gaddafi. Und trotz flehentlicher Appelle des Nato-Generalsekretärs wird sich daran nichts ändern.
Aber auch jene, die nicht schießen möchten, wollen Gaddafis Sturz.
Die Verteidigungsminister des Bündnisses kündigten am Mittwoch in Brüssel nicht die von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gewünschte stärkere Beteiligung an dem Militäreinsatz an. Sie kündigten jedoch an, den Einsatz bis zum Sturz des Regimes von Gaddafi fortzusetzen.
Der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière kündigte für die Zeit nach Gaddafis Sturz deutsche Hilfen an. „Wir unterstützen die Ziele und die Maßnahmen der Nato“, sagte er. „Wir sind in diesem Fall militärisch nicht dabei. Dabei bleibt es. Aber wir engagieren uns in Libyen politisch“, sagte er. Deutschland sei „bereit, in der Nach-Konflikt-Phase Verantwortung zu übernehmen“. Dabei werde es sich um eine Rolle unter dem Schirm der Vereinten Nationen oder der EU handeln. Auf die Frage, ob auch eine Rolle deutscher Soldaten als Stabilisierungstruppe denkbar sei, sofern dies von den Vereinten Nationen gewünscht werde, sagte er: „Ob es ein Mandat der Vereinten Nationen gibt, dort etwas in anderer Weise abzusichern, das wird man sehen.“
Rasmussen sagte, er wolle zur Reaktion auf seinen Appell zu einer „Verbreiterung“ des Militäreinsatzes nichts sagen, sondern dies den Mitgliedstaaten überlassen. „Alle Minister stimmten überein, dass wir den Druck so lange wie nötig aufrechterhalten werden, um diese Krise zu einem Ende zu bringen“, sagte Rasmussen vor Journalisten.
Von den 28 Nato-Staaten sind nur 14 an dem Libyen-Einsatz beteiligt. Von diesen nehmen nur neun an Kampfeinsätzen teil. Keines der Nato-Länder, die am Militäreinsatz nicht oder nur eingeschränkt teilnehmen, erklärte sich zu einer Änderung seiner Haltung bereit, sagten Diplomaten. „Die anderen Staaten haben nichts dazu gesagt“, berichtete die spanische Verteidigungsministerin Carme Chacón auf die Frage, wie Rasmussens Wunsch nach einer „Verbreiterung“ der Nato-Beteiligung aufgenommen worden sei. Frankreichs Minister Gérard Longuet sagte, jene Staaten, die sich an dem Einsatz nicht beteiligten, sein „in einer innenpolitischen Agenda gefangen, aus der sie sich nicht schnell genug befreien können“.
Rasmussen sagte, seine Bitte um „Verbreiterung der Unterstützung“ ziele auf größere Nachhaltigkeit des Einsatzes: „Je breiter die Unterstützung, desto stärker ist die Nachhaltigkeit.“ Die Nato verfüge jedoch schon jetzt über „die notwendigen Fähigkeiten für die Fortsetzung des Einsatzes“.
Vor dem Hintergrund intensivierter Angriffe auf Ziele in der libyschen Hauptstadt Tripolis wies der Nato-Generalsekretär Vorwürfe der Gaddafi-Regierung, die Nato-Angriffe führten zum Tod von Zivilisten, ebenso wie eine Klage der Gaddafi-Tochter Aisha zurück. „Wir haben überhaupt keine Informationen darüber, dass diese angeblichen Zwischenfälle von der Nato verursacht wurden. Und wir haben schon eine Menge Propaganda des Gaddafi-Regimes gesehen.
Die Nato-Verteidigungsminister bekräftigten in einer Erklärung, das Bündnis sehe nach einem Ende des Gaddafi-Regimes vor allem die Vereinten Nationen und regionale Organisationen in der Pflicht, beim Wiederaufbau zu helfen. „Gaddafi ist Geschichte“, sagte Rasmussen. „Die Frage ist nicht, ob er geht, sondern wann er geht. Es kann Wochen dauern oder morgen passieren. Aber wenn er geht, dann sollte die internationale Gemeinschaft vorbereitet sein.“