Neuer Resolutionsentwurf gegen Assad
Kairo/Damaskus (dpa) - Die syrische Regime gerät immer stärker unter Druck. Nach dem schmerzhaften Schlag durch das Überlaufen eines Spitzendiplomaten zur Opposition soll noch am Donnerstagabend ein neuer Resolutionsentwurf des Westen gegen das Regime in Damaskus im Weltsicherheitsrat verhandelt werden.
Allerdings drohte Moskau bereits, auch diesen Entwurf wieder mit einem „Njet“ zu Fall bringen. Unterdessen macht die syrische Protestbewegung Front gegen den Syrien-Sonderbeauftragten von UN und Arabischer Union, Kofi Annan.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf Syriens Machthaber Baschar al-Assad vor, auch Streubomben gegen seine Gegner eingesetzt zu haben. Videos, die anscheinend ein syrischer Regierungskritiker Anfang der Woche ins Netz gestellt habe, deuteten darauf hin, dass die international geächtete Munition eingesetzt worden sei, teilte Human Rights Watch am Donnerstag in New York mit.
Angesichts der andauernden Gewalt in Syrien wollen die westlichen Länder im UN-Sicherheitsrat den neuen Versuch einer UN-Resolution starten - diesmal mit Sanktionen. Der von fünf Ländern, auch Deutschland, eingebrachte Entwurf benennt ausdrücklich Artikel 41 der UN-Charta. Dieser Passus lässt nur Wirtschaftssanktionen und Reisebeschränkungen zu. Artikel 42 - militärische Gewalt - findet sich in dem Entwurf nicht.
Das Papier sollte noch am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) im Sicherheitsrat beraten werden. Widerstand gibt es aber bereits wieder aus Moskau, dass schon drei UN-Resolutionen gegen Syrien blockiert hatte, zwei davon per Veto. Russland werde im Weltsicherheitsrat gegen den Vorschlag votieren, falls das Papier zur Eilabstimmung gestellt würde, sagte Vizeaußenminister Gennadi Gatilow der Agentur Interfax. Moskau sei weiter zu Verhandlungen über eine gemeinsame Resolution bereit, lehne aber Drohungen gegen Machthaber Baschar al-Assad ab. US-Außenministerin Hillary Clinton rief Moskau auf, der Resolution zuzustimmen.
Zuvor hatte der syrische Botschafter in Bagdad, Nawaf Faris, mit einem demonstrativen Wechsel in das Lager der Opposition für Aufregung vor allem in Damaskus gesorgt. In einer Rede, die der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira am Donnerstag im Stundentakt wiederholte, stellte sich der ranghohe Diplomat Faris auf die Seite der Revolutionäre. Gleichzeitig rief er alle Mitglieder der regierenden Baath-Partei auf, seinem Beispiel zu folgen. „Das Regime hat die Partei zu einem Werkzeug der Unterdrückung des Volkes und einem Deckmantel für seine Korruption gemacht“, sagte Faris, der am Vortag sowohl seinen Posten als Botschafter im Irak als auch seine Parteimitgliedschaft aufgegeben hatte.
An die Adresse der syrischen Soldaten sagte er: „Ist es nicht Eure Aufgabe, die Grenzen gegen ausländische Aggression zu verteidigen und nicht Eure Väter, Söhne und Freunde als Feinde zu betrachten? Ist es das, was man Euch im Militärdienst beigebracht hat?“
Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete, Nawaf Faris sei von seinen Pflichten entbunden worden, weil er ohne Genehmigung seinen Posten verlassen und Dinge gesagt habe, „die seiner Aufgabe zuwiderlaufen“. Präsident Assad ernannte unterdessen laut Sana vier neue Provinzgouverneure.
Derweil richtet sich der Unmut der syrischen Protestbewegung zunehmend auch gegen den UN-Sonderbeauftragten. Unter dem Motto „Nieder mit Kofi Annan, dem Diener von Assad und Iran“ sollen an diesem Freitag in Syrien landesweit Demonstrationen stattfinden. Das teilten die Organisatoren am Donnerstag in ihren Netzwerken mit. Annan war diese Woche zu Gesprächen in Damaskus und Teheran gewesen.
Die USA stehen nach Aussage von Außenministerin Hillary Clinton weiterhin hinter dem Friedensplan Annans. „Unsere Erfahrung aus dem vergangenen Jahr macht es absolut klar, dass das Assad-Regime ohne zusätzlichen, weiteren Druck nichts machen wird“, sagte Clinton am Donnerstag in Phnom Penh.
Regimegegner berichteten am Donnerstag von Mörserangriffen auf Kafr Susa am Stadtrand von Damaskus. Sie zählten landesweit 26 Tote, die meisten in Homs und Hama. Am Mittwoch sollen in Syrien etwa 100 Menschen getötet worden sein. Unter den Toten seien 53 Zivilisten, teilte die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter mit.
Seit das Regime im März des Vorjahres begonnen hatte, friedliche Proteste mit militärischer Gewalt niederzuschlagen, sollen nach Schätzung von Menschenrechtsgruppen 14 000 Menschen ums Leben gekommen sein.