Noch keine Taliban-Frühjahrsoffensive in Afghanistan

Berlin/Masar-i-Scharif (dpa) - Die Bundeswehr hat seit einem Jahr keine Gefallenen mehr in Afghanistan zu beklagen. Der letzte tödliche Angriff auf deutsche Truppen erfolgte am 2. Juni 2011 in der nordafghanischen Provinz Baghlan.

Der Regionalkommandeur der internationalen Schutztruppe Isaf, Erich Pfeffer, sieht eine nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage: „Ich denke, wir können hier von einem Trend sprechen“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Die von den Taliban angekündigte Frühjahrsoffensive ist nach seinen Angaben in diesem Jahr bisher ausgeblieben. „Wenn ich nach den Ankündigungen gehe, stecken wir ja bereits inmitten einer Frühjahrsoffensive. Jedoch erleben wir hier seit einigen Wochen erstaunlicherweise das Gegenteil“, sagte der Generalmajor. Die Taliban hatten nach einem Großangriff in Kabul und drei weiteren Städten Mitte April eine Frühjahrsoffensive ausgerufen.

Auch der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, zeigt sich erleichtert, dass es dazu im Norden nicht gekommen ist. „Meiner Einschätzung nach hat sich die Sicherheitssituation in unserem Verantwortungsbereich deutlich verbessert“, sagte er der dpa. Er blicke „vorsichtig optimistisch“ auf die weitere Entwicklung.

„Allerdings sind die bisherigen Erfolge noch nicht unumkehrbar“, mahnte Königshaus. „Wir müssen weiterhin äußerst wachsam bleiben, dürfen in unserem Druck auf die feindlichen Kräfte nicht nachlassen und nicht vorzeitig unsere Kräfte reduzieren.“ Königshaus hatte die Afghanistan-Truppe erst vor zwei Wochen im Einsatz besucht.

In den vergangenen beiden Jahren war die Bundeswehr im Frühjahr von schweren Anschlägen mit vielen Toten getroffen worden. 2010 starben bei zwei Angriffen der Taliban innerhalb von zwei Wochen sieben deutsche Soldaten. 2011 kamen bei mehreren Anschlägen ebenfalls insgesamt sieben Soldaten ums Leben - der letzte wurde bei einer Attacke auf einen Schützenpanzer „Marder“ getötet. Dass die Truppe ein Jahr lang keine Verluste zu beklagen hat, kam zuletzt 2007/2008 vor. Insgesamt kostete der Afghanistan-Einsatz 52 deutsche Soldaten das Leben, 34 davon starben bei Anschlägen und Angriffen.

Pfeffer sagte, seit gut einem Jahr gebe es im Norden Afghanistans zwar noch Anschläge mit Sprengfallen, aber keine koordinierten Angriffe mehr. Die Zahl der Sprengstoff-Attacken sei zudem rückläufig. Bis zu 80 Prozent würden gefunden und geräumt, betonte der Generalmajor. Auch die Bevölkerung gebe immer mehr Hinweise. „Diese Entwicklung ist ein Zeichen dafür, dass sich die Sicherheitslage im Allgemeinen verbessert hat“, sagte Pfeffer. „Trotzdem gilt auch hier Vorsicht. Jeder einzelne Vorfall kann schwerwiegende Folgen haben und das Gesamtbild verzerren.“