Nordkorea will umstrittene Atomanlage wieder in Betrieb nehmen
Seoul (dpa) - Atomare Aufrüstung als erklärtes Ziel: Im zugespitzten Korea-Konflikt will das Regime in Pjöngjang einen vor Jahren abgeschalteten Kernreaktor wieder in Betrieb nehmen.
Mit dem Mini-Reaktor im Nuklearzentrum Yongbyon könnte Nordkorea nach Meinung von Experten wieder waffentaugliches Plutonium produzieren. Neben Südkorea äußerte Nordkoreas traditioneller Verbündeter China sein Bedauern über die Ankündigung vom Dienstag.
Peking rief alle Parteien zum Dialog auf. Die Beteiligten sollten ruhig bleiben und sich zurückhalten, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Hong Lei. „Die Situation auf der Halbinsel ist derzeit heikel und schwierig.“ Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich sehr beunruhigt. „Die Krise ist schon zu weit fortgeschritten. Nukleare Drohungen sind kein Spiel“, sagte der Südkoreaner in Andorra.
Sämtliche Anlagen in Yongbyon, wie der Fünf-Megawatt-Reaktor und eine Anlage zur Urananreicherung, sollen „neu gestartet“ werden, zitierten die nordkoreanischen Staatsmedien die Generalabteilung für Atomenergie. Der Reaktor ist im internationalen Vergleich sehr klein. Neue Meiler schaffen über 1000 Megawatt. Fünf Megawatt erbringen mittlerweile schon die größten Windräder in Deutschland. Nordkorea verfügt derzeit über keinen aktiven Atomreaktor. Im Bau ist ein Leichtwasserreaktor in Yongbyon, der nach nordkoreanischen Angaben Strom produzieren soll.
Gemäß dem Beschlusses des Zentralkomitees der Arbeiterpartei vom Sonntag soll mit dem Schritt zum einen „die Nuklearstreitmacht in Qualität und Quantität“ verstärkt, zum anderen die akute Stromknappheit im Land behoben werden. Das Regime in Pjöngjang fordert seit langem, von den USA und der internationalen Staatengemeinschaft als Atommacht anerkannt zu werden.
Wann der veraltete Reaktor wieder in Betrieb genommen werden könnte, wurde nicht gesagt. Die Arbeit werde „ohne Verzögerung“ beginnen, hieß es. Im Rahmen einer Vereinbarung von 2007 zwischen Nordkorea, den USA, China, Südkorea, Japan und Russland waren wesentliche Teile der Atomanlagen im 90 Kilometer nördlich von Pjöngjang liegenden Yongbyon unbrauchbar gemacht worden. Nordkorea hatte jedoch 2009 erklärt, in Yongbyon wieder abgebrannte Atombrennstäbe erfolgreich aufbereitet zu haben.
Nach Schätzung von Experten verfügt Nordkorea über einen Plutoniumbestand für vier bis acht Bomben. Unklar ist, ob das Land bei seinem dritten unterirdischen Atomtest im Februar einen Sprengsatz aus Uran oder Plutonium verwendet hat. In Yongbyong befindet sich auch eine Anreicherungsanlage für Uran. Damit wäre Nordkorea nach Einschätzung der US-Organisation Arms Control Association derzeit in der Lage, hoch angereichertes Material für eine oder zwei Bomben pro Jahr zu produzieren.
Die jüngste Ankündigung aus Pjöngjang folgt auf eine Reihe von Kriegsdrohungen des Regimes gegen Südkorea und die USA. Damit reagierte Nordkorea unter anderem auf die Ausweitung von UN-Sanktionen wegen des Atomtests im Februar und südkoreanisch-amerikanische Militärübungen. Die USA hatten in den vergangenen beiden Wochen als Demonstration der Stärke Langstreckenbomber und Jagdflieger zu Manövern nach Südkorea geschickt. Auch entsendet Washington Medienberichten zufolge einen mit Raketen bestückten Zerstörer ins Konfliktgebiet.
Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye hatte das Nachbarland am Montag in scharfer Form vor Provokationen gewarnt. Die südkoreanischen Streitkräfte hatte sie angewiesen, „ohne politische Abwägung“ prompt und strikt zu reagieren.