Nordsee-Öl sprudelt länger als erwartet

Funde vor Norwegen und neue Fördertechniken beflügeln die Energiekonzerne.

Hamburg. Der gewaltige Ölfund vor Norwegens Küste elektrisiert den norwegischen Ölkonzern Statoil. „So etwas haben wir seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr gesehen“, jubelt Entwicklungschef Tim Dodson.

Auf 0,5 bis 1,2 Milliarden Barrel Öl beziffert Statoil das Potenzial der entdeckten Lagerstätten, ein neuer Milliardenschatz. Zum Vergleich: Die mit Abstand größten Nordsee-Felder Statfjord und Ekofisk sind um die vier Milliarden Barrel groß. Erst im vergangenen Jahr war vor Schottland ein anderes Feld entdeckt worden, das mindestens 300 Millionen Barrel enthalten soll.

Dabei sollte die Nordsee eigentlich schon ausgefördert sein, wenn es nach den Erwartungen der Pioniere in den 60er Jahren gegangen wäre. Doch Anfang der 70er Jahre schnellte der Ölpreis in die Höhe und die Förderung wurde sehr einträglich.

Heute rechnet man in der Nordsee mit durchschnittlichen Förderkosten von rund 15 Dollar für ein Barrel des hochwertigen, schwefelarmen Rohöls. Der gegenwärtige Marktpreis liegt um rund 100 Dollar höher — ein sehr einträgliches Geschäft. „Wir glauben, dass die Nordsee eine helle Zukunft hat“, sagt der Europa-Chef des Ölkonzerns BP, Peter Mather.

Die Ölförderung in der Nordsee hatte bereits 1999 ihren Höhepunkt überschritten und geht seitdem zurück; seit 2006 ist Großbritannien wieder Netto-Importeur von Öl. „Aber es ist immer noch viel zu fördern“, sagt Mather. „Bis zu 25 Milliarden Barrel — verglichen mit 40 Milliarden Barrel, die bereits gefördert wurden.“

Im vergangenen Jahr lag die Förderung in Großbritannien nur noch halb so hoch wie zehn Jahre zuvor; in Norwegen war der Rückgang nicht ganz so ausgeprägt. Das skandinavische Land hat mit den Öleinnahmen einen Kapitalstock von 400 Milliarden Euro aufgebaut, um künftige Lasten zu finanzieren.

„Durch Fortschritte in der Fördertechnik liefert die Nordsee viel länger Öl als ursprünglich gedacht“, sagt Rainer Wiek vom Energie-Informationsdienst EID. Beim Beginn der Produktion Anfang der 70er Jahre steckte die Offshore-Bohrtechnik noch fast in den Kinderschuhen. Mittlerweile können die Driller nicht 40, sondern 50 Prozent des Öls aus einer Lagerstätte fördern; sie bohren tiefer und effizienter.