Auch Schiff von deutscher Reederei betroffen USA machen Iran für mutmaßliche Angriffe auf Öltanker verantwortlich
Manama · Wieder kommt es nahe der Küste des Irans zu gefährlichen Vorfällen mit Handelsschiffen. Nicht nur die EU ist alarmiert. Denn über die Straße von Hormus läuft ein erheblicher Teil des weltweiten Rohöltransports.
Schwere Zwischenfälle mit Tankern am Golf haben die Spannungen zwischen dem Iran und seinen arabischen Erzrivalen weiter erhöht. Betroffen waren am Donnerstag ein von einem deutschen Unternehmen gemanagter Frachter sowie ein Schiff einer norwegischen Reederei. Die norwegische Seefahrtsbehörde bestätigte einen Angriff auf den Öltanker „Front Altair“. Das norwegische Unternehmen Frontline meldete eine Explosion und einen Brand an Bord.
Die deutsche Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) teilte mit, auch der mit Methanol beladene Tanker „Kokuka Courageous“ sei im hinteren Teil beschädigt und ein Besatzungsmitglied sei leicht verletzt worden. Die 21 Seeleute an Bord wurden von einem US-Marineschiff aufgenommen, wie ein Londoner Sprecher des in Singapur ansässigen Schiffsmanagement-Unternehmens sagte. Die Ladung sei intakt, der Frachter drohe nicht zu sinken. Auch die japanische Firma Kokuka Sangyo erklärte, ihr Tanker „Kokuka Courageous“ sei betroffen.
Die Hintergründe der Vorfälle unweit der Küste des Irans waren zunächst ebenso unklar wie die Verantwortlichen. Bereits seit Wochen wachsen in der Region die Spannungen zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und seinen Verbündeten einerseits sowie dem schiitischen Iran andererseits. Das Königshaus in Riad wirft der Führung in Teheran vor, sich in die inneren Angelegenheiten arabischer Staaten einzumischen und die Region zu destabilisieren.
Ein Sprecher der iranischen Flotte erklärte, mehrere Expertenteams seien mit Hubschraubern über dem Seegebiet im Einsatz, um die Zwischenfälle zu untersuchen. Der BSM-Sprecher konnte nicht sagen, was bei dem Zwischenfall genau passierte. Aufgrund der verschiedene Medienberichte gehe er von „etwas Feindseligem“ aus. Die Besatzung habe das Schiff aus Sicherheitsgründen verlassen.
Die betroffene Meerenge ist eine der wichtigsten Seestraßen der Welt. Sie verbindet die ölreiche Golfregion mit dem offenen Meer. Über die Straße von Hormus läuft ein großer Teil des weltweiten Öltransports per Schiff. Die Rohölpreise stiegen nach den Zwischenfällen deutlich.
Bundesaußenminister Heiko Maas nannte die mutmaßlichen Attacken außerordentlich beunruhigend. „Das sind Ereignisse, die zur Eskalation führen können“, sagte der SPD-Politiker. Angriffe auf Handelsschiffe stellten nicht nur eine Bedrohung für offene Handelswege dar. „In der aktuellen Situation sind sie auch eine Bedrohung für den Frieden.“
Die EU warnte vor übereilten Reaktionen. „Die Region braucht keine weiteren Elemente der Destabilisierung und keine weiteren Spannungen“, sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel.
Das norwegische Seefahrtsamt erhöhte seine Sicherheitsstufe für das betroffene Gebiet. „Wegen der Angriffe und der unklaren Umstände“ rate man Schiffen unter norwegischer Flagge, sich von iranischen Territorialgewässern fernzuhalten.
Die USA machen den Iran für die mutmaßlichen Angriffe auf zwei Öltanker im Golf von Oman verantwortlich. Das sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Donnerstag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Washington.
Die USA waren vor einem Jahr einseitig aus dem Atom-Abkommen mit dem Iran ausgestiegen und setzen das Land seitdem wieder mit massiven Wirtschaftssanktionen unter Druck. Das US-Militär verlegte einen Flugzeugträger und eine Fernbomberstaffel in die Region, was Sorgen vor einem militärischen Konflikt aufkommen ließ.
Erst vor vier Wochen hatten die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Sabotageakte gegen vier Handelsschiffe in derselben Region gemeldet. Nach saudi-arabischen Angaben wurden zwei Tanker des Landes schwer beschädigt. Die genauen Umstände blieben jedoch unklar.
US-Sicherheitsberater John Bolton sprach später von Angriffen mit Seeminen, für die „fast sicher“ der Iran verantwortlich sei. Beweise für seine Anschuldigung legte er nicht vor. Die Regierung in Teheran wies den Vorwurf zurück und sprach von „lächerlichen Behauptungen“.
Nach den neuen Zwischenfällen meldete die norwegische Seefahrtsbehörde, es sei von drei Explosionen auf der „Front Altair“ berichtet worden. Die Reederei Frontline wies zugleich Berichte zurück, das Schiff sei gesunken. Sie bestätigte auch nicht die Angaben der norwegischen Seefahrtsbehörde, die von einem Angriff gesprochen hatte.
Die US-Marine erklärte, sie habe zwei Notrufe erhalten. US-Schiffe in der Region leisteten Hilfe, teilte die 5. Flotte der US-Marine in Bahrain mit. Es gebe Berichte, dass dort zwei Tanker angegriffen worden seien.
Der Zwischenfall ereignete sich diesen Angaben zufolge in etwa 70 Seemeilen Entfernung vom arabischen Emirat Fudschairah und etwa 14 Seemeilen vor der iranischen Küste. Weiterer Anrainer der dortigen Meerenge ist das arabische Sultanat Oman.
Der 2016 gebaute Öltanker „Front Altair“ fährt unter der Flagge der Marschallinseln. Er war nach Angaben des Dienstes „Marine Traffic“ auf dem Weg von den VAE nach Taiwan. Frontline gilt als Betreiber der größten Tankerflotte der Erde. Sie ist im Besitz des norwegischen Milliardärs John Frederiksen. Die „Kokuka Courageous“ ist unter der Flagge Panamas unterwegs und hatte „Marine Traffic“ zufolge vor drei Tagen in Saudi-Arabien abgelegt, um nach Singapur zu fahren. Die Bernhard Schulte Shipmanagement gehört zur Schulte Group, deren Holdinggesellschaft die Hamburger Bernhard Schulte GmbH & Co. KG ist.
Die USA hatten zusammen mit ihren Verbündeten Saudi-Arabien und den VAE in den vergangenen Wochen den Druck auf den Iran massiv erhöht. Die Königshaus in Riad beschuldigt den Iran unter anderem, im Jemenkrieg die Huthi-Rebellen zu unterstützen. Diese hatten in den vergangenen Wochen Saudi-Arabien wiederholt mit Drohnen angegriffen.
Der Verband Deutscher Reeder zeigte sich über die Vorfälle im Golf von Oman besorgt: „Die zivile Schifffahrt, insbesondere unschuldige Seeleute, derartig feige und brutal zu attackieren, ist verantwortungslos“, erklärte Verbandspräsident Alfred Hartmann.