Obama bereit zu „kleinerer Lösung“ im Schuldenstreit
Washington (dpa) - Im Ringen um die Erhöhung der US-Schuldengrenze steckt Präsident Barack Obama zurück. Weil sich im Streit mit den Republikanern über Steuererhöhungen für Reiche keine Annäherung abzeichnet, will sich der Präsident nun notgedrungen zunächst mit einer „kleineren Kompromisslösung“ begnügen.
Das soll eine Anhebung der Schuldengrenze sicherstellen und damit verhindern, dass die USA ab dem 2. August zahlungsunfähig werden. Als Kompromisslösung wurde ein Vorschlag der Republikaner im Senat favorisiert. Die Variante würde es dem Präsidenten erlauben, die Schuldengrenze bis Ende 2012 in drei Schritten zu erhöhen, wenn er gleichzeitig neue Einsparungen ankündigt.
In seiner wöchentlichen Rundfunkansprache rief Obama am Samstag die Spitzen beider Parteien und insbesondere die Republikaner noch einmal eindringlich zum baldigen Einlenken auf. „Ich bin zu einem Kompromiss bereit“, versicherte er. Die Anleihenmärkte reagierten gelassen auf das Politdrama. Nach Einschätzung von Analysten gehen die Händler davon aus, dass es rechtzeitig zu einer Einigung über die Schuldengrenze kommt.
Ein neuerliches Spitzentreffen im Weißen Haus war für das Wochenende zunächst nicht anberaumt, nachdem fünf vorausgegangene „Defizitgipfel“ keine Fortschritte gebracht hatten. Alle Seiten hielten sich aber für eine neuerliche Zusammenkunft bereit. Obama selbst hatte am Freitag auf einer dritten Pressekonferenz innerhalb von nur zwei Wochen gewarnt, dass die Zeit für eine Einigung immer knapper werde.
Die Schuldengrenze liegt derzeit bei 14,3 Billionen Dollar, ohne zusätzliche Spielräume geht am 2. August das Geld aus. Die großen Kreditagenturen Moody's und Standard & Poor's drohen offen damit, die langfristige Kreditwürdigkeit der USA herunterzustufen.
Die Parteispitzen sind sich einig, dass an der Anhebung der Schuldengrenze kein Weg vorbeigeht. Sie streiten aber über ein Programm zum Schuldenabbau, mit dem dieser Schritt begleitet werden soll. Obama würde am liebsten ein Paket aus drei Billionen Dollar an Ausgabenkürzungen plus einer Billion Dollar an zusätzlichen Einnahmen durch Steuererhöhungen für die Reichen schnüren. Er signalisierte auch die Bereitschaft zu Abstrichen am Medicare-Programm, der staatlichen Krankenversicherung für Senioren, obwohl das liberale Demokraten vergrätzt. Aber die Republikaner lehnen höhere Steuern für die Reichen kategorisch ab - mit dem Argument, dass ein solcher Schritt der Wirtschaft schaden würde.
Als aussichtsreichste Kompromisslösung galt am Samstag ein Vorschlag des republikanischen Fraktionschefs im Senat, Mitch McConnell. Der Trick dabei: Der Kongress hätte das Recht, in einer Resolution das Vorgehen des Präsidenten zu missbilligen. Die Republikaner könnten auf diese Weise ihrer Ablehnung Ausdruck verleihen. Obama wiederum könnte sich dann mit einem Veto über die Missbilligung hinwegsetzen, die Schuldengrenze würde angehoben.
Demokraten verhandelten am Samstag nach Medienberichten über eine „härtere“ Version dieses Vorschlages. Danach soll er zumindest mit „bedeutenden“ konkreten Sparmaßnahmen verknüpft werden und eine überparteiliche Arbeitsgruppe bis zum Jahresende einen detaillierten Plan für einen Schuldenabbau unter Einschluss einer Steuerreform vorlegen. Die Einsparungen würden aber weit unter den Beträgen liegen, die Obama anstrebt, und auch die von ihm geforderten Steuererhöhungen für die Reichen blieben vorerst ausgeklammert.
Obama machte indessen klar, dass er zumindest mittelfristig an einem großen Paket festhält. „Die Wahrheit ist, dass du unser Defizit nicht ohne Ausgabenkürzungen abbauen kannst“, sagte er in seiner Rundfunkansprache. „Aber du kannst es auch nicht abbauen, ohne dass die reichsten Amerikaner ihren fairen Beitrag leisten.“
Die Republikaner kündigten unterdessen an, am kommenden Dienstag im Repräsentantenhaus ein eigenes Gesetz über die Erhöhung der Schuldengrenze auf 16,7 Billionen zur Abstimmung zu bringen. Es würde zugleich einen Verfassungszusatz vorsehen, nach dem die USA ihren Staatshaushalt künftig ausgleichen müssten. Dem Gesetz wird aber von vornherein keine Chance gegeben, da es im Senat keine Mehrheit fände.