Scharfer Protest aus Ankara Österreich schließt sieben Moscheen und weist Imame aus

Wien (dpa) - Im Kampf gegen den politischen Islam will Österreich zahlreiche Imame ausweisen und damit deutlich schärfer als Deutschland vorgehen. Außerdem werden laut Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sieben von 350 Moscheen geschlossen.

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„Parallelgesellschaften, politischer Islam und Radikalisierungstendenzen haben in unserem Land keinen Platz“, sagte Kurz am Wien.

Die türkische Regierung reagierte empört. Der Schritt „spiegelt die islamophobe, rassistische und diskriminierende Welle in diesem Land wider“, kritisierte der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, auf Twitter. Regierungssprecher Bekir Bozdag ging noch einen Schritt weiter: „Das bedeutet, dass die grundlegenden Werte, auf denen Europa aufbaut, vernichtet wurden.“ Türkische Medien sprachen von der „Skandal-Entscheidung“.

Die neue rechtskonservative Regierung aus ÖVP und FPÖ will muslimische Einrichtungen künftig generell stärker kontrollieren. Grundlage für die Entscheidung ist das Islamgesetz von 2015, das unter anderem eine positive Grundeinstellung gegenüber Staat und Gesellschaft fordert.

Bei 40 muslimischen Geistlichen werde derzeit konkret überprüft, ob in ihren Fällen gegen das Verbot der Auslandsfinanzierung verstoßen worden sei, sagte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Dabei handelt es sich um Geistliche der „Türkisch-Islamischen Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich“ (Atib). In zwei Fällen stehe bereits fest, dass Imame ausgewiesen würden. Im Visier der Behörden seien derzeit 60 der insgesamt 260 Imame in Österreich. „Wir stehen erst am Anfang“, meinte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Atib bestätigte, dass Imame in Österreich aus dem Ausland finanziert wurden. Sprecher Yasar Ersoy erklärte im Ö1-„Mittagsjournal“, dass dies nötig sei, da es in Österreich keine adäquate Ausbildung für Imame gebe. Atib vertritt über 60 Vereine mit mehr als 100.000 Mitgliedern in ganz Österreich.

Atib ist vergleichbar mit der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) in Deutschland - in der Kritiker den verlängerten Arm Erdogans sehen. Der Vorsitzende von Ditib ist traditionell der Religionsattaché der türkischen Botschaft in Berlin, der zugleich der höchste Vertreter der türkischen Religionsbehörde Diyanet in Deutschland ist.

Diyanet ist wiederum direkt dem Amt des Ministerpräsidenten unterstellt. Besonders in den Fokus geriet Ditib in den Monaten nach dem Putschversuch in der Türkei im Juli 2016. Gegen Ditib-Imame wurde Spitzelvorwürfe erhoben, Diyanet zog mehrere Geistliche ab. Diyanet schickt rund 1000 Imame, die in der Türkei Staatsbedienstete sind, an die Ditib-Moscheen in Deutschland.

Eine Moschee in Wien, die unter dem Einfluss der als extremistisch und faschistisch eingestuften türkischen „Grauen Wölfe“ stehen soll, werde wegen illegalen Betriebs geschlossen, hieß es in Wien. Aufgelöst wurde auch die Arabische Kultusgemeinde mit sechs Moscheen. Die Kultusgemeinde hat nach eigenen Angaben rund 1000 Mitglieder, vor allem aus Ägypten und Tschetschenien. Grund für die Schließung seien unter anderem salafistische Äußerungen von Vertretern einer der Moscheeneinrichtung gewesen.

Der Salafismus ist eine rückwärtsgewandte, extrem konservative Strömung im Islam. Seine Anhänger beziehen sich ausschließlich auf den Koran und sehen sich als Verfechter eines unverfälschten Islams. Reformen und jede Form von Modernisierung lehnen sie ab. Ziel der Salafisten ist die vollständige Umgestaltung von Staat, Rechtsordnung und Gesellschaft nach ihrem Regelwerk - und letztlich die Errichtung eines islamistischen „Gottesstaates“.

In Deutschland setzt die Bundesregierung bislang auf eine Zusammenarbeit mit Ditib, trotz der engen Verbindungen zu türkischen Regierung, wie der parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Mayer (CSU), im vergangenen Monat deutlich machte. Die Probleme mit einigen Imamen seien „keine Barriere, die eine Kooperation mit Ditib für alle Zeit ausschließt“, sagte Mayer bei einem Besuch in Istanbul. Auch sein Ministerium sei aber gefordert, Qualitätsstandards einzufordern. „Wir müssen wissen, wer bei uns lehrt und predigt.“

Beifall für den Schritt in Wien kam von der neuen italienischen Regierung. Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini twitterte: „Ich glaube an Religionsfreiheit, nicht an religiösen Extremismus. Wer den Glauben nutzt, um die Sicherheit eines Landes zu gefährden, muss ausgewiesen werden.“ Salvini, auch Chef der rechten Lega, will sich bald mit Kickl austauschen. „Ich hoffe, den österreichischen Amtskollegen schon kommende Woche zu treffen, um über eine Aktionslinie zu beraten.“