Opposition in Minsk: Kreml wird von EU-Streit profitieren
Minsk (dpa) - Nach dem Abzug der EU-Botschafter aus dem autoritär regierten Weißrussland fürchten Bürgerrechtler in Minsk eine noch stärkere Hinwendung der früheren Sowjetrepublik zu Moskau.
„Dieser politische Fehler der Führung in Minsk hat katastrophale Folgen für Weißrussland und vertieft die Abhängigkeit von Russland“, sagte der renommierte Oppositionspolitiker Witali Rymaschewski am Mittwoch nach Angaben lokaler Medien. Der weißrussische Politologe Roman Jakowlewski sagte, er fürchte nun einen „Psycho-Krieg“ zwischen der Europäischen Union und Weißrussland. „Es sieht so aus, als würden die Beziehungen auf längere Zeit eingefroren“, sagte Jakowlewski.
Die EU-Regierungen hatten ihre Botschafter in Minsk am Vortag „zu Konsultationen“ zurückgerufen. Mit diesem Schritt reagierte die EU auf die Forderung von Präsident Alexander Lukaschenko, Polen und die EU sollten ihre Vertreter zurückrufen. Lukaschenko sei „der letzte Diktator, den wir in Europa haben“, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Zugleich zog Weißrussland die eigenen Botschafter aus Polen und Brüssel ab, um gegen neue EU-Sanktionen zu protestieren.
„Dieser Weg führt geradezu in die Arme des Kreml“, sagte der Oppositionspolitiker Grigori Kostussew in Minsk. Die regimekritische Journalistin Irina Chalip schrieb, sie gehe nun davon aus, dass international die Stimmen lauter würden, Weißrussland die Gastgeberrolle für die Eishockey-Weltmeisterschaft 2014 abzuerkennen.
Dagegen sagte Außenamtssprecher Andrej Sawinych, der Abzug der EU-Botschafter könnte „positive Folgen“ haben. „Wenn sie zu Hause deutlich machen, dass Druck auf Minsk perspektivlos ist, könnte dies einen konstruktiven Dialog ermöglichen.“ Die EU-Außenminister hatten am Vortag Einreiseverbote für 21 Richter und Polizisten verhängt. Weißrussland ist Mitglied der EU-Ostpartnerschaft. Die frühere Sowjetrepublik, die vor dem Staatsbankrott steht, ist das einzige Land in Europa, das noch die Todesstrafe verhängt - per Kopfschuss.